Und so helfen wir uns selbst: „Das Wunder von Wörgl“ im ORF

Wien (APA) - Die Weltwirtschaftskrise hat Österreich in den 1930er-Jahren fest im Griff. Auch in der Tiroler Gemeinde Wörgl herrscht Arbeits...

Wien (APA) - Die Weltwirtschaftskrise hat Österreich in den 1930er-Jahren fest im Griff. Auch in der Tiroler Gemeinde Wörgl herrscht Arbeitslosigkeit, das gesellschaftliche Klima öffnet sich für faschistische Tendenzen. Bis der Bürgermeister versucht, den Ort mit „Schwundgeld“ wieder auf Vordermann zu bringen. Urs Egger hat das „Wunder von Wörgl“ nun als historisches Drama (8. Dezember auf ORF 2) inszeniert.

Der Schweizer Regisseur geht dabei, auch dank des durchwegs soliden Buches von Thomas Reider, sehr behutsam vor und setzt auf eine authentische Darstellung der Krise im Kleinen, ohne sich zu reißerischen Bildern oder einer hektischen Dramaturgie hinreißen zu lassen. Stattdessen vertraut er ganz auf sein Ensemble, das von Karl Markovics als Bürgermeister Michael Unterguggenberger angeführt wird. Der sitzt zwar im Gemeinderat, ist aber eigentlich Lokführer und hätte sich selbst wohl nicht zwingend zu Höherem berufen gefühlt.

Da aber im Jahr 1931 alles den Bach hinunter geht, der Ort unter seiner Schuldenlast zu versinken droht und die Leute trotz vorhandener Arbeit, aber eben dem fehlenden Mammon zusehends ihre Hoffnungen verlieren, lässt er sich als Ortschef installieren und hat - angetrieben von einer Idee des deutschen Ökonomen Silvio Gesell - schließlich den rettenden Einfall: Nach anfänglichem Widerstand bringt er seine „Arbeitsbestätigungsscheine“ durch, die die Gemeinde selbst druckt und durch eine vorgesehene Verminderung der Kaufkraft im Umlauf gehalten werden sollen.

Das Experiment gelingt: Innerhalb weniger Monate tummeln sich nicht nur die Arbeiter in der Tiroler Gemeinde, sondern auch Interessierte von nah und fern, die diesem „Wunder“ aus nächster Nähe beiwohnen wollen. Im Zentrum steht dabei Unterguggenberger, dem Markovics eine stoische Ruhe verleiht, die von der Begeisterung für sein Tun durchkreuzt wird. An seiner Seite gibt Verena Altenberger seine Frau Rosa, gewissermaßen der Fels in der Brandung, der auch ob des zerrütteten Verhältnisses mit dem Sohn (Aaron Friesz) dringend notwendig ist. Schließlich scheint dieser für das Nazi-Gedankengut des örtlichen Fleischhauers (Andreas Lust gibt den Parade-Ungustl) durchaus zugänglich.

In behutsamen Schritten entfaltet Egger die Geschichte, die trotz des bekannten Ausgangs - die Nationalbank schiebt dem erfolgreichen Treiben schließlich den Riegel vor, Unterguggenberger wird von allen politischen Ämtern enthoben - durchwegs Sogwirkung erzeugt. Wie gesellschaftliche Entwicklungen, wirtschaftliche Turbulenzen und persönliche Schicksale im „Wunder von Wörgl“ verwoben werden, macht den Film ebenso kurzweilig wie aufschlussreich. Hier soll allerdings nicht der Versuch unternommen werden, die Ereignisse von damals - vorangegangene wie folgende - vollends aufzuklären. Vielmehr ist es ein Stimmungsbild, wenn dieser Sonderfall hervorgehoben und betrachtet wird.

Noch deutlicher wird dies in der im Anschluss auf dem Programm stehenden Dokumentation von Drehbuchautor Thomas Reider: In „Der Geldmacher“ nähert er sich nochmals dem „Experiment des Michael Unterguggenberger“ (21.55 Uhr), auf das viele große Stücke hielten.

~ WEB http://orf.at ~ APA043 2018-11-30/08:00