Vor 100 Jahren entstand der „Staat der Serben, Kroaten und Slowenen“

Belgrad (APA) - Vor genau 100 Jahren, am 1. Dezember 1918, ist der „Staat der Serben, Kroaten und Slowenen“ (SHS) ausgerufen worden. Das von...

Belgrad (APA) - Vor genau 100 Jahren, am 1. Dezember 1918, ist der „Staat der Serben, Kroaten und Slowenen“ (SHS) ausgerufen worden. Das von der serbischen Dynastie Karadjordjevic regierte Land vereinigte Serbien und Montenegro mit Gebieten der zerfallenen Habsburgermonarchie - Kroatien, Slowenien und Bosnien-Herzegowina. In „Königreich Jugoslawien“ wurde es im Jahr 1929 umbenannt.

Das neue Königreich sei nach dem Beispiel der soeben zusammengebrochenen Monarchie Österreich-Ungarn als Versuch aufgebaut worden, die einander ähnlichen Völker der Südslawen zu vereinigen, stellte der Schriftsteller Bora Cosic in der Tageszeitung „Danas“ am Samstag fest. Heute stelle sich „die grundlegende Frage, wie Serben und Kroaten, zwei im Widerstreit befindliche Völker, überhaupt auf die Idee kamen, dass sie zusammenleben könnten?“, fragte der Autor.

Tatsächlich soll die weitere Geschichte des Vielvölkerstaates - in dem mit Ungarn, Albanern oder Roma etliche Minderheiten lebten - wesentlich durch innere Konflikte geprägt sein. Schon bei der Gründung gab es entgegengesetzte Auffassungen über die künftigen Staatsstrukturen. Die Slowenen und Kroaten waren für einen Föderalismus, die serbische Regierung dagegen wollte einen zentralistischen Einheitsstaat.

Ein weiteres Problem, das nie überwunden werden sollte, stellte das unterschiedliche Entwicklungsniveau in Wirtschaft und Gesellschaft dar. Das Nord-Süd-Gefälle war auch nach Jahrzehnten des Kommunismus‘ in Jugoslawien nicht überwunden.

Im Zweiten Weltkrieg war der Staatsverband ohnedies aufgelöst. Zunächst neutral, trat der SHS im März 1941 dem Dreimächtepakt (Deutschland, Italien, Japan) bei. Dies hatte einen Militärputsch in Belgrad zu Folge, den NS-Diktator Adolf Hitler zum Anlass nahm, Jugoslawien am 6. April zu überfallen. Der Krieg, an dem sich auch Bulgarien und Italien beteiligten, endete mit der völligen Besetzung und Zerschlagung des Landes. Auf dem Gebiet Kroatiens etwa entstand ein faschistischer Vasallenstaat Hitler-Deutschlands, der Unabhängige Staat Kroatien (NDH) unter dem Ustascha-Regime, dessen Symbole künftig in Österreich verboten sein sollen.

Noch während des Krieges wurde am 29. November 1943 im bosnischen Jajce ein neues Jugoslawien - das „Demokratische Föderative Jugoslawien“ - ausgerufen, das nach Kriegsende unter der Führung des Kommunistenführers Josip Broz Tito zunächst in die „Föderative Volksrepublik Jugoslawien“ (1946) umbenannt wurde, um 1963 zur „Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien“ zu werden. Diese wurde 1992 endgültig aufgelöst. Jugoslawien zerfiel in den 90er Jahren in mehreren Kriegen. Eine „jugoslawische Nation“ war nie geschaffen worden. Kurz vor dem Zerfall betrachteten sich im damaligen 20-Millionen-Staat gerade einmal eine Million Menschen als Jugoslawen.