Merz, Spahn oder „AKK“ - wer übernimmt die Merkel-Nachfolge?

Berlin (APA/dpa) - Das sieht man bei der Christlich-Demokratischen Union Deutschlands (CDU) äußerst selten: Gleich mehrere prominente Politi...

Berlin (APA/dpa) - Das sieht man bei der Christlich-Demokratischen Union Deutschlands (CDU) äußerst selten: Gleich mehrere prominente Politiker bewerben sich um den Parteivorsitz.

Nachdem Bundeskanzlerin Angela Merkel verkündet hat, nicht noch einmal zu kandidieren, wird es einen Wechsel an der Spitze der stärksten deutschen Regierungspartei geben. Wer beim Parteitag am nächsten Freitag (7. Dezember) in Hamburg gewählt wird, hat auch Chancen, früher oder später Regierungschef der Bundesrepublik Deutschland zu werden.

Eine Frau und zwei Männer sind es, auf die sich jetzt alle Augen richten: Die CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer (56), kurz „AKK“, der frühere Chef der Parlamentsfraktion Friedrich Merz (63) und Gesundheitsminister Jens Spahn (38). Neben ihnen treten bei der Wahl des Vorsitzenden noch einige weitgehend unbekannte Bewerber an.

Merkel hat die CDU mehr als 18 Jahre lang geführt, und sie ist seit 13 Jahren deutsche Bundeskanzlerin. Die Flüchtlingskrise 2015 kostete sie viel Zustimmung, was sich schon im Wahlergebnis bei der Bundestagswahl 2017 niederschlug. Von „Kanzlerdämmerung“ ist daher in Deutschland schon länger die Rede. Nach den schweren Verlusten der CDU und ihrer Schwesterpartei CSU bei den Landtagswahlen in Hessen und Bayern im Oktober erklärte Merkel dann, dass ihre vierte Amtszeit als Kanzlerin ihre letzte sei und sie auf den CDU-Vorsitz verzichte.

Kramp-Karrenbauer wurde schon eine Weile als mögliche Nachfolgerin gehandelt, denn Anfang dieses Jahres hatte Merkel die damalige saarländische Ministerpräsidentin als Generalsekretärin ins Konrad-Adenauer-Haus nach Berlin geholt. Sie gilt zwar als etwas farblos, blickt aber auf viel Regierungserfahrung auf Landesebene zurück. Als Ministerpräsidentin zeigte sie Durchsetzungskraft und holte bei der Landtagswahl 2017 eindrucksvolle 40,7 Prozent. „Die eiserne Faust kann man auch klug im Samthandschuh verbergen“, skizzierte die bisweilen unterschätzte Mutter dreier Kinder in einem Interview des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“ ihren Führungsstil.

Ihr Rivale Merz versucht nach Jahren an der Seitenlinie das große Comeback auf dem Spielfeld der deutschen Politik. Als Oppositionsführer gegen die rot-grüne Regierung von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) bekannt geworden, hatte ihn Merkel 2002 als CDU/CSU-Fraktionschef aus dem Amt gedrängt. Im Deutschen Bundestag blieb Merz bis 2009, dann konzentrierte sich der Jurist ganz auf seine gut dotierten Posten in der Wirtschaft. In Erinnerung blieb Merz mit seiner umstrittenen Aussage, dass es eine deutsche „Leitkultur“ gebe, an der Einwanderer sich ausrichten sollten, und seiner Forderung nach einem Steuerkonzept, das auf einen Bierdeckel passt. Für konservative Christdemokraten, in deren Augen Merkel die CDU zu weit nach links rückte, blieb Merz all die Jahre ein Hoffnungsträger.

Spahn, der Jüngste im Trio, gehört wie Merz zum konservativen Parteiflügel. Er hat sich unter anderem als Kritiker von Merkels Flüchtlingspolitik einen Namen gemacht. Wohl um ihn in die Regierungsdisziplin einzubinden, machte die Kanzlerin ihn im März zum Gesundheitsminister. Für einen konservativen, katholischen Christdemokraten eher ungewöhnlich, ist Spahn mit einem Mann verheiratet. Der Großteil seiner Partei hatte die „Ehe für alle“ in der Vergangenheit immer abgelehnt.

Führungswechsel sind in der deutschen Christdemokratie selten. Der deutsche Altkanzler Helmut Kohl war 25 Jahre CDU-Chef (1973-1998), sein Nachfolger Wolfgang Schäuble musste nur wegen der CDU-Spendenaffäre seinen Posten frühzeitig räumen. Merkel wurde im April 2000 als erste Frau zur Vorsitzenden gewählt.

In Umfragen unter CDU-Anhängern hatte meist „AKK“ vor Merz die Nase vorne. Merz musste sich in Diskussionen wegen seines hohen Einkommens in der freien Wirtschaft rechtfertigen - rund eine Million Euro brutto im Jahr nach eigenen Angaben. „Ich habe viel gearbeitet, ich habe nichts geschenkt bekommen“, sagte er. Spahn hat nur Außenseiterchancen. Doch wie unberechenbar die Verhältnisse bei den Christdemokraten geworden sind, zeigte im September die von niemandem für möglich gehaltene Abwahl von Fraktionschef Volker Kauder.

In den 69 Jahren der Bundesrepublik Deutschland hat die CDU 49 Jahre lang den Regierungschef gestellt. Merkel will nur noch bis zur nächsten Bundestagswahl regieren. Das wäre regulär 2021. Dass der neue Mann oder die neue Frau an der Spitze der CDU Merkel in der laufenden Wahlperiode ablöst, ist unwahrscheinlich. Denn da müssten auch die Sozialdemokraten mitziehen, der Koalitionspartner der CDU/CSU. Diese würden aber ungern dem nächsten Spitzenkandidaten der Union vor den Wahlen einen „Kanzlerbonus“ verschaffen.