Selbsternannter „Sturkopf“ führt Mexiko nach links

Mexiko-Stadt (APA/AFP) - Mexiko rückt nach links: Seit Samstag ist der 65 Jahre alte Andres Manuel Lopez Obrador als neuer Präsident im Amt....

Mexiko-Stadt (APA/AFP) - Mexiko rückt nach links: Seit Samstag ist der 65 Jahre alte Andres Manuel Lopez Obrador als neuer Präsident im Amt. Er ist der erste linksgerichtete Staatschef des Landes seit Jahrzehnten.

Sein klarer Sieg bei der Wahl im Sommer war ein Schlag gegen das politische Establishment in dem lateinamerikanischen Land, dessen Bevölkerung die grassierende Korruption und die ausufernde Gewalt satt hat. Lopez Obrador will Mexiko nun gründlich umkrempeln.

„Heute beginnt nicht nur eine neue Regierung, heute beginnt eine neue politische Ordnung“, sagte Lopez Obrador nach seiner Vereidigung am Samstag. Mit seinem Amtsantritt beginne eine Wende, die „friedlich und geordnet, aber auch tiefgreifend und radikal“ ausfallen werde. Er werde Schluss machen mit Korruption, Straflosigkeit und der „katastrophalen neoliberalen Politik“.

„Stur“ sei er, hatte Lopez Obrador im Wahlkampf immer wieder gesagt, das sei „bekannt“. Die mexikanische Politik der vergangenen Jahrzehnte erklärte er für gescheitert. Wirtschaftliches Wachstum habe es nicht gegeben, angestiegen seien lediglich „Korruption, Armut, Kriminalität und Gewalt“.

Viele der rund 130 Millionen Mexikaner teilen diesen Frust und verachten die Traditionsparteien, die sich seit rund hundert Jahren an der Macht abwechselten. Lopez Obrador, bekannt unter dem Kürzel LO, ist ein scharfer Kritiker der bisherigen Regierungsparteien, die er als „Mafia der Macht“ kritisiert.

Kritiker werfen dem Linkspolitiker vor, keine konkreten Pläne vorweisen zu können, um die zweitgrößte Volkswirtschaft Lateinamerikas zu regieren. Für seine Gegner ist AMLO ein Populist und eine „große Gefahr für Mexiko“, manche verhöhnen ihn als „tropischen Messias“. Viele vergleichen ihn mit dem Sozialisten Hugo Chavez und fürchten, Mexiko könnte dasselbe Schicksal ereilen wie Venezuela und im Chaos versinken.

Zu den vehementesten Kritikern des 65-Jährigen gehören Wirtschaftsgrößen wie Carlos Slim, fünftreichster Mann der Welt. Slim warnte vor einem Baustopp für den neuen Großflughafen von Mexiko-Stadt. AMLO ließ sich davon nicht beirren: Im Oktober gab er das Aus für das mehr als elf Milliarden Euro teure Projekt bekannt, Mexikos Unternehmer waren verärgert.

Die mexikanische Zentralbank senkte die Wachstumsprognose für 2019 am Mittwoch leicht auf 1,7 bis 2,7 Prozent. Als Grund nannte sie die Ungewissheit angesichts von Lopez Obradors Wirtschaftspolitik.

Druck erwartet den neuen Präsidenten auch vom Nachbarn im Norden. US-Präsident Donald Trump wütet seit Wochen gegen zentralamerikanische Migranten, die über Mexiko in die USA zu gelangen versuchen. Der US-Präsident drohte mit Grenzschließungen und beorderte tausende Soldaten an die Grenze.

Lopez Obrador will sein neues Amt mit demonstrativer Bescheidenheit antreten: „Ich werde die Hälfte des Gehalts erhalten, das derzeit der Präsident der Republik erhält.“ Außerdem werde er das Präsidenten-Flugzeug verkaufen und die berühmte Präsidentenresidenz Los Pinos in ein Kulturzentrum verwandeln.

In seiner politischen Karriere hat der Mann aus dem südöstlichen Teilstaat Tabasco mehr Niederlagen als Siege zu verzeichnen. Seine politischen Anfänge bestritt er in den 1970er-Jahren in den Reihen der politisch in der Mitte positionierten PRI, die Mexiko jahrzehntelang regierte. Ende der 80er Jahre wechselte er zur neu gegründeten, linken PRD. 1994 bewarb er sich vergeblich um den Gouverneursposten in seinem Heimatstaat.

Im Jahr 2000 wurde er zum Bürgermeister von Mexiko-Stadt gewählt. 2006 verlor er bei der Präsidentenwahl knapp gegen den konservativen Kandidaten, 2012 ebenso knapp gegen den liberalen Enrique Pena Nieto. Er müsse eben „fallen und wieder aufstehen und wieder fallen und wieder aufstehen“, sagte Lopez Obrador im Wahlkampf. Seit Samstag folgt nun die nächste Bewährungsprobe: Als Präsident muss er beweisen, dass er Mexiko wie versprochen umkrempeln kann.