Kabarettist Fritz: Punktgenaue Grenzüberschreitungen in Innsbruck
Innsbruck (APA) - Christoph Fritz, dem 2018 der Förderpreis des Österreichischen Kabarettpreises zugesprochen wurde, hat am Freitag mit sein...
Innsbruck (APA) - Christoph Fritz, dem 2018 der Förderpreis des Österreichischen Kabarettpreises zugesprochen wurde, hat am Freitag mit seinem Kabarett-Debüt „Das jüngste Gesicht“ im Innsbrucker Treibhaus für Begeisterung gesorgt. An einer Art „Witz-Tourette“ leidend, wie sich Fritz selbst diagnostizierte, überschritt er gekonnt und souverän Geschmacks- und Humorgrenzen.
Da stand er also. Ein junger Mann, der noch jünger aussah als er tatsächlich war. Das jüngste Gesicht - quasi. Schnell erzählte er davon, dass er wegen des Titels seines Stücks bereits Ärger mit Andi Goldberger hatte. Laute Lacher folgten. Doch Fritz ist keine Gag-Maschine, die auf schnelle Lacher abzielt. Denn als Anlass seiner noch jungen Kabarettkarriere nannte er seinen Jobverlust und seine Entscheidung, sich doch nicht umzubringen. In der Arbeit habe er jedenfalls zuletzt unter „Witz-Tourette“ gelitten, weshalb ihn sein Chef feuerte und ihm zu einer Kabarettlaufbahn riet.
Ob es dafür autobiografische Belege gibt, blieb dabei offen. Das Selbstdiagnose „Witz-Tourette“ ist aber womöglich eine grobe Fehldiagnose. Denn der Witz seiner Erzählungen rührt hauptsächlich von absoluter Punktgenauigkeit. Fritz macht eben nicht in jedem unpassenden Kontext ein Witzchen, sondern verfügt über ein ungeheuer gutes Gespür für den richtigen Augenblick und Pausen. Jede Pointe saß. Und selbst wenn etwas ein wenig schief geriet, vermutete man schnell die Intention dahinter, dass alles genau so geplant war, um den nächsten Lacher nur umso stärker ausfallen zu lassen.
Auch in Bezug auf seine Themen war weniger „Tourette“, als vielmehr gewollte und durchdachte Grenzüberschreitung auszumachen. Etwa dann, wenn er von seiner Geschäftsidee erzählte, unglückliche Tiere vermarkten zu wollen, die den Freitod gewählt haben.
Vor allem aber glänzt Fritz damit, dass er Situationen nüchtern und schonungslos analysiert. Beispielsweise wenn er von seinem Geburtsort im Burgenland berichtete, in dem Veganismus als Weg zur Homosexualität gelte. Diese analytische Klarheit behielt der Jungkabarettist glücklicherweise auch in heiklen Momenten. Einen etwas flachen Witz über Bundeskanzler Sebastian Kurz entschuldigte er damit, dass ein solcher derzeit von der Kabarettgewerkschaft vorgeschrieben sei. Es blieb der einzige tagespolitisch motivierte Gag. Stattdessen grub er lieber im Alltäglichen und Persönlichen.
Der schüchtern und etwas verpeilt wirkende Mann, der in Wahrheit ausgefuchst war und es faustdick hinter den Ohren hat, erhielt nach dem überaus kurzweiligen Stück tosenden Applaus und betrat die Bühne zweimal für eine kurze Zugabe. Das Publikum in Innsbruck hatte Fritz also schon einmal auf seiner Seite. Durchaus eine Leistung, denn im Treibhaus standen schon sämtliche österreichischen Kabarettgrößen von Josef Hader über Alfred Dorfer bis zu Andreas Vitasek auf der Bühne. Fritz könnte sich in absehbarer Zeit in die Reihe dieser Größe einreihen.
(S E R V I C E - https://christophfritz.at)