Task Force Menschenhandel: Prostitutions-Regelung in Bundeskompetenz

Wien (APA) - Der mittlerweile fünfte Nationale Aktionsplan zur Bekämpfung des Menschenhandels in Österreich ist am Montag dem Parlament vorg...

Wien (APA) - Der mittlerweile fünfte Nationale Aktionsplan zur Bekämpfung des Menschenhandels in Österreich ist am Montag dem Parlament vorgelegt worden. Neben nationaler und internationaler Zusammenarbeit wird auf Prävention, Opferschutz, Strafverfolgung und Monitoring gesetzt. Wie in den Jahren zuvor fordern Experten eine Übertragung der Regelung von Prostitution bzw. Sexdienstleistungen in Bundeskompetenz.

Laut Schätzungen der UNO wird mit Menschenhandel jährlich ein Profit von mindestens 32 Milliarden US-Dollar (27,90 Mrd. Euro) erzielt. Eine genaue Datenlage gibt es aufgrund der hohen Dunkelziffer nicht. Dem gegenüber stehe eine „verschwindend geringe“ Zahl an Verurteilungen, hieß es am Montag in der Parlamentskorrespondenz. Dies treffe auch auf Österreich zu, das für Menschenhandel nach wie vor als attraktives Transit- und Zielland gilt, wie aus dem „5. Aktionsplan zur Bekämpfung des Menschenhandels“ der zuständigen Task Force für die Jahre 2018 bis 2020 hervorgeht.

Die häufigste Form von Menschenhandel ist in Österreich nach wie vor die der sexuellen Ausbeutung. Auch Fälle von Arbeitsausbeutung, Ausbeutung durch Bettelei oder zur Begehung von strafbaren Handlungen und Kinderhandel wurden verzeichnet. Die meisten Opfer kommen laut Aktionsplan aus dem östlichen Europa, gefolgt von Afrika (v.a. Nigeria) und Asien (v.a. China).

Die unterschiedlichen Regelungen in den neun österreichischen Landesgesetzgebungen und die damit einhergehende uneinheitliche Umsetzung würden nicht nur die Lenkung und Kontrolle dieses Marktes erschweren, sondern auch das rechtskonforme Verhalten der Beteiligten, hieß es. So bestehen in den Bundesländern beispielsweise unterschiedliche Altersgrenzen für das legale Anbieten von sexuellen Dienstleistungen und verschiedene Genehmigungskriterien für Bordellbetriebe. Weitere Empfehlungen der Task Force zielen darauf ab, Ausbeutung und Gewalt durch rechtlich sichere Arbeitsbedingungen für Sexdienstleisterinnen zu bekämpfen.

Geflüchtete Menschen und insbesondere unbegleitete Minderjährige gelten als potenzielle Risikogruppe für Menschenhandel. Daher lautet die Empfehlung der Experten, Mitarbeiter von Erstaufnahmezentren, Grundversorgungseinrichtungen und Polizeianhaltezentren künftig stärker zu schulen und außerdem das muttersprachliche Informationsmaterial für Geflüchtete auszuweiten.

Zur adäquaten Betreuung der Opfer von Kinderhandel soll nach einer Empfehlung von GRETA (Group of Experts on Action against Trafficking in Human Beings) in den nächsten drei Jahren die Einrichtung von bundesweit zugänglichen, spezialisierten Betreuungsplätzen für betroffene Kinder geprüft werden. Bisher gibt es mit der „Drehscheibe“ der Stadt Wien nur eine entsprechend spezialisierte Opferschutzeinrichtung in Österreich. Was die Verdachtsfälle von Opfern von Kinderhandel betrifft, zeigen die Aufzeichnungen der „Drehscheibe“ einen leichten Rückgang. Gab es 2015 135 Verdachtsfälle, ging die Anzahl 2016 auf 91 zurück. Die Drehscheibe geht davon aus, dass es sich bei 78 Fällen um Taschendiebstahl, bei elf Fällen um Prostitution und bei zwei Fällen um Bettelei gehandelt hat. Da sich Kinder selbst oft nicht als Opfer wahrnehmen, falle die Identifizierung von Kindern als Opfern besonders schwer.

Die Kluft zwischen der hohen Anzahl an Verdachtsmomenten im Vergleich zu erstatteten Anzeigen werde beim Blick auf die Kriminalstatistik deutlich. 91 Fälle stehen sechs Anzeigen im Zusammenhang mit den Strafbestimmungen zu Menschenhandel sowie zwei Anzeigen zu jenen des grenzüberschreitenden Prostitutionshandels gegenüber. Bei den Opfern handelt es sich um Kinder bzw. Jugendliche im Alter zwischen zehn und 17 Jahren.

Vorgesehen ist, das sogenannte „Non-Punishment“-Prinzip auch ins Verwaltungsstrafrecht sowie in den Bereich Kinderhandel fließen zu lassen. Dieses besagt, dass Opfer von Menschenhandel, die Straftaten unter dem Zwang des Täters begehen, unter bestimmten Umständen nicht bestraft werden dürfen. Zugleich betonte die Task Force Menschenhandel in ihrem Bericht, dass die Hilfe in den Herkunftsländern die größte Herausforderung bleibe. Weiterhin sollen - „trotz Sparzwängen“ - Projekte und die internationale Zusammenarbeit gegen Menschenhandel unterstützt werden, hieß es.

Im Bericht wurde weiters bemängelt, dass „noch viel zu wenige Fälle durch Behörden selbst aufgedeckt“ werden. Daher sollten die Kontrollbehörden noch stärker sensibilisiert werden. Die Anlaufstelle zur gewerkschaftlichen Unterstützung undokumentiert Arbeitender (UNDOK) werde laut Bericht vor allem von Menschen aus Flüchtlingsregionen (Afghanistan, Iran, Irak), aus Serbien, China oder Südamerika aufgesucht. Damit es aber gar nicht zur Arbeitsausbeutung kommt, müssten potenziell Betroffene in ihrer Muttersprache stärker über ihre Rechte aufgeklärt werden.

Bei Fällen von Arbeitsausbeutung am Bau, in der Landwirtschaft, im Tourismus oder in Haushalten kritisierte die Task Force Menschenhandel, dass es in Österreich kaum zu strafrechtlichen Verurteilungen kommt. Entsprechend sollte laut den Experten geprüft werden, ob die vorhandenen Bestimmungen gegen Menschenhandel im Strafgesetzbuch ausreichen, oder ob ein eigener Straftatbestand zu Arbeitsausbeutung nötig ist. Ein Vorschlag wäre auch, eine Sonderzuständigkeit für Menschenhandel bei der Staatsanwaltschaft zu schaffen.