Anerkennung Guaidós spaltet die Europäer
Caracas/Brüssel (APA/AFP) - Seit mehr als zehn Tagen ringt die EU um eine gemeinsame Haltung zur innenpolitischen Krise in Venezuela. Nach d...
Caracas/Brüssel (APA/AFP) - Seit mehr als zehn Tagen ringt die EU um eine gemeinsame Haltung zur innenpolitischen Krise in Venezuela. Nach den USA und anderen Ländern erkannten am Montag Deutschland und weitere EU-Staaten Oppositionspolitiker Juan Guaidó nun als Übergangspräsidenten an. Andere Regierungen wollen abwarten und setzen auf Verhandlungen, einige lehnen die Anerkennung ab.
Für die EU dürfte es schwierig werden, in der Venezuela-Krise nun wie geplant als Vermittler aufzutreten.
Schlag auf Schlag erklärten EU-Regierungen am Montag, dass sie Juan Guaidó anerkennen. Die Spanier, die dem linksnationalistischen Staatschef Nicolás Maduro wie Berlin, Paris und London eine Acht-Tages-Frist für Neuwahlen gesetzt hatten, machten den Auftakt. Bis zum Nachmittag waren es mehr als ein Dutzend, darunter auch Österreich.
„Für Deutschland ist Juan Guaidó im Einklang mit der venezolanischen Verfassung Übergangspräsident“, erklärte Außenminister Heiko Maas (SPD). Guaidós Aufgabe sei es nun, „freie, faire und demokratische Präsidentschaftswahlen zu organisieren“, nachdem die EU nach dem Urnengang vom Mai 2018 „zahlreiche Unregelmäßigkeiten“ und „erhebliche Hindernisse“ für die Beteiligung der Opposition kritisiert hatte.
Ende vergangener Woche hatten die EU-Außenminister in Bukarest stundenlang über die Linie zu Venezuela diskutiert. Teilnehmer bezeichneten die Atmosphäre danach als „schwierig“ und „angespannt“. „Wir haben keine gemeinsame Außenpolitik mehr“, klagte ein Minister frustriert.
Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini verkündete am Donnerstagabend lediglich, die EU-Staaten wollten einer Kontaktgruppe mit lateinamerikanischen Staaten beitreten, die einen Ausweg aus der Krise in Venezuela suchen soll. 90 Tage gab sich die EU dafür Zeit.
Vertreter einiger Mitgliedstaaten gaben sich irritiert, nachdem das Europaparlament am Donnerstag schon vorgeprescht war und Guaidó anerkannte. Mancher fragte sich, ob die EU mit Plänen für mehrmonatige Gespräche nicht Amtsinhaber Maduro stützt.
Diplomaten zufolge war am Ende aber lediglich noch Italien gegen eine gemeinsame EU-Erklärung, die Guaidó als Übergangspräsident anerkannt und schnelle Neuwahlen gefordert hätte. Mogherini stellte sich allerdings auch grundsätzlich auf den Standpunkt, die Anerkennung sei „Vorrecht“ der Mitgliedstaaten und nicht der EU.
Am Montag nahm die Europäer einen neuen Anlauf, um wenigstens eine weichgespülte Erklärung zu verabschieden - und scheiterten erneut am Widerstand Italiens und dem Einstimmigkeitsprinzip in der EU-Außenpolitik.
Die genauen Beweggründe der italienischen Regierung blieben im Dunklen, aber sie dürfte ähnlich gespalten wie die EU sein. In Rom regiert seit Juni vergangenen Jahres eine Koalition aus der populistischen Fünf-Sterne-Bewegung (M5S) und der fremdenfeindlichen Lega. Während Lega-Vertreter den linken Maduro als „Diktator“ bezeichnen, sehen einige bei den Fünf Sternen die Unterstützung für Guaidó durchaus kritisch und die EU vor allem am Ölreichtum Venezuelas interessiert.
„Das Maß der Demokratie, das man in ein Land exportieren will, ist immer direkt proportional zur Menge des Öls, das man dort findet“, sagte der Abgeordnete Alessandro Di Battista. „Es braucht Mut, um neutral zu bleiben.“
Letztlich fährt die EU nun zweigleisig. Auf der einen Seite beziehen Länder wie Spanien, Frankreich und Deutschland klar Position gegen Maduro. Auf der anderen Seite setzt die EU über die Kontaktgruppe mit lateinamerikanischen Ländern aber auf Gespräche mit letztlich allen Akteuren. Sie soll am Donnerstag in Uruguay erstmals zusammenkommen. Es dürfte interessant werden, wie die EU-Vertreter ihren Kollegen dort Europas Spagat in Sachen Venezuela erklären.