Bilanz des ÖAV

Alpenverein gegen Strafen für Wintersportler, Städter zieht es in die Berge

Der Alpenverein betreut 232 Hütten und rund 26.000 Kilometer Wanderwege. Foto: TT

Der Alpenverein ist seit 2008 um rund 214.000 Mitglieder gewachsen. Präsident Ermacora spricht sich gegen Strafen für Skifahrer aus, die Lawinensperrungen missachten.

Von Stefan Eckerieder

Wien –Der Trend zu Erlebnissen in der Natur hält an, und vor allem der Alpenverein scheint für viele für das gemeinsame Erleben und den Erhalt dieser zu stehen. In den vergangenen zehn Jahren ist die Mitgliederzahl des Österreichischen Alpenvereins um 214.000 auf 573.178 gesteigen. Damit ist der Alpenverein der bei Weitem größte alpine Verein Österreichs.

„Das ist insofern beachtlich, weil wenn man politische Parteien und andere Institutionen ansieht, dann geht es doch eher in die andere Richtung. Beim Österreichischen Alpenverein geht es seit Jahrzehnten steil bergauf“, sagte Alpenvereinspräsident Andreas Ermacora gestern bei einer Pressekonferenz in Wien. Allein im Jahr 2018 ist die Mitgliederzahl um 28.136 Personen gestiegen.

Vor allem immer mehr Städter zieht es in die Berge. Der Alpenverein hat zwar seinen Hauptsitz in Innsbruck, das mitgliederstärkste Bundesland ist aber die Hauptstadt Wien. Fast ein Viertel aller Alpenvereinsmitglieder gibt es im Landesverband Wien mit 136.058 (+7,3 Prozent zu 2017). Dahinter folgt Tirol, wo der Alpenverein bei einer Bevölkerungszahl von rund 750.000 Einwohnern nicht weniger als 114.798 Mitglieder (+4 Prozent) zählt. An der dritten Stelle liegt Oberösterreich mit 72.511 Mitgliedern (+3,7 Prozent). Auch bei den Alpenvereinssektionen spiegelt sich eine Dominanz der Städte wider. Die drei größten Sektionen sind die Sektion Edelweiss aus Wien mit 56.905 Mitgliedern vor der Sektion Innsbruck mit 56.139 Mitgliedern und die Sektion Austria (Wien) mit 47.360 Mitgliedern. „Der stetige Mitgliederzuwachs in den Landeshauptstädten zeigt deutlich auf, dass die Verbindung Stadt-Berge alles andere als ein Widerspruch ist“, sagt Fritz Macher vom Wiener Alpenverein Austria.

Ein gestiegenes Risiko durch die deutlich gewachsene Zahl an Wintersportlern, die sich abseits der Pisten bewegen, sieht Ermacora nicht. „Wenn man die Zahlen der Lawinentoten vergleicht, dann sind diese in den vergangenen Jahren gleich geblieben“, sagt der Alpenvereinspräsident. Dabei gebe es mittlerweile rund 900.000 Tourengeher auf den heimischen Bergen. Angesichts dessen spricht sich Ermacora auch gegen Bestrebungen der ÖVP-FPÖ-Regierung aus, wonach künftig Wintersportler bestraft werden sollen, die sich trotz Warnungen und Verbotsschildern in ungesichertes Skigelände begeben. „Ich bin gegen eine Anlassgesetzgebung. Wir sind für Prävention statt Strafe“, sagt Ermacora, der sich „gegen eine Kriminalisierung“ jener ausspricht, die Warnungen vor Lawinengefahr missachten. Zudem gebe es bereits Strafen für Wintersportler, die durch ihr Verhalten andere verletzen oder töten. Menschen, die sich über Sperren hinwegsetzen, ohne das Risiko abzuwägen, werde es immer geben. Der Alpenverein habe sich das Ziel gesetzt, die Zahl der Lawinentoten zu minimieren. Dabei setzt der Verein auf Aufklärung. In den vergangenen drei Jahren hat sich die Zahl der Lawinenkurs-Teilnehmer verdreifacht. Zählte man im Winter 2016/17 bei der Vortragsreihe „Lawinen Update“ noch 2700 Besucher bei neun Vorträgen, waren es im aktuellen Winter bereits 7200 Besucher bei 22 Vorträgen.

Der Alpenverein fördere den Bergsport und ergänze den sanften Tourismus, führt Ermacora aus. Das liege im Trend. In der Sehnsucht nach „Natur, Ruhe und Ursprünglichkeit“ sieht er die Gründe für den Zulauf zum Verein. Doch der Grat zwischen „Ursprünglichkeit und Schönheit der Bergwelt bewahren“ und „Bergsport fördern“ sei ein schmaler.

Die 197 Sektionen des Alpenvereins würden vor allem von ehrenamtlichen Funktionären getragen. „In diesen Sektionen arbeiten ehrenamtlich rund 22.000 Funktionäre, die rund 1,47 Millionen Arbeitsstunden leisten.“ Die Arbeit fließe unter anderem in den Erhalt der österreichweit 232 Hütten und 26.000 Kilometern an Wegen. „Das ist ein wesentlicher Faktor für das wanderbare Österreich und damit ein wesentlicher Wirtschaftsfaktor, gerade im Sommer“, sagt Ermacora.

Potenzial für weitere Mitgliedersteigerung sieht der Alpenverein unter anderem bei Bürgern mit Migrationshintergrund. So ziehe es in der Alpenvereinsgruppe „Wiener Melange“ bereits 800 bis 1000 Mitglieder in die Natur, sagt Dieter Holzweber, Vorsitzender des Alpenverein Gebirgsverein, der als Ziel eine Million Mitglieder nennt.

ÖAV in Zahlen

Die größten Landesverbände des Österreichischen Alpenvereins sind Wien mit 136.058 Mitgliedern vor Tirol mit 114.798 Mitgliedern und Oberösterreich mit 72.511 Mitgliedern.

Den größten Mitgliederzuwachs im vergangenen Jahr verzeichneten die beiden Wiener Sektionen Edelweiss und Austria mit einem Plus von 4416 bzw. 4078 Mitgliedern vor der Sektion Innsbruck, in der 2291 Mitglieder dem Alpenverein beitraten.

Die größte Alpenvereinssektion in Tirol ist mit großem Abstand Innsbruck mit 56.139 Mitgliedern, vor Kufstein mit 5588 Mitgliedern und Hall, die 4557 Mitglieder zählt.

Die beiden

Auslandssektionen des Alpenvereins

Britannia und Flandern haben gemeinsam 27.637 Mitglieder.

Die kleinsten Sektionen des Alpenvereins haben ihren Sitz in Köflach/Steiermark (139 Mitglieder), St. Wolfgang/Oberösterreich (141 Mitglieder) und in Defreggen/Tirol (174 Mitglieder).

Das Durchschnittsalter im Alpenverei­n liegt bei 42,8 Jahren und entspricht damit etwa jenem der Gesamtbevölkerung. 29 Prozent sind jünger als 30 Jahre.

Der Frauenanteil steigt kontinuierlic­h und lag zum Stichtag bei 44,3 Prozent.

Das jüngste Mitglied war bei seinem Beitritt 14 Tage alt, das älteste – eine Frau in Wien – zum Stichtag 105 Jahre.

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