Pleite bei Germania - Deutsche Airline beendet Flugbetrieb
Berlin (APA/dpa) - Die Berliner Airline Germania hat ihren Flugbetrieb eingestellt und einen Insolvenzantrag gestellt. Betroffen sind die Ge...
Berlin (APA/dpa) - Die Berliner Airline Germania hat ihren Flugbetrieb eingestellt und einen Insolvenzantrag gestellt. Betroffen sind die Germania Fluggesellschaft und ihr Schwesterunternehmen für technische Dienstleistungen, die Germania Technik Brandenburg, sowie die Germania Flugdienste, wie das Unternehmen in der Nacht zu Dienstag mitteilte. In Österreich ist von der Germania-Insolvenz vor allem Vorarlberg betroffen.
Der Vorarlberger Reiseveranstalter High Life Reisen schätzt, dass von der Pleite tausende Vorarlberger Urlauber betroffen sind. „Auch wir haben schon lange Listen mit Anfragen“, sagte Geschäftsführer Michael Nachbaur am Dienstag zu vol.at. High Life Reisen bietet auf den Flügen nach Olbia, Mallorca und Ibiza ab dem grenznahen Schweizer Flughafen Altenrhein ähnlich wie Lufthansa und Condor eigene Rettungstarife für Germania-Kunden an. Germania war auf dem Flughafen Friedrichshafen in Deutschland, den auch viele Vorarlberger nutzen, - mit laut ORF Vorarlberg fünf Abflügen pro Woche - eine der wichtigsten Gesellschaften des Bodensee-Airports.
Auf der Strecke Wien-Rostock wäre die Germania erst ab Mai bis September geflogen. Zwischen Münster/Osnabrück und Salzburg flog die Germania jeweils samstags mit einem Airbus A319 mit rund 140 Sitzplätzen, wobei die Auslastung aber „überschaubar“ gewesen sei, so ein Sprecher des Flughafens Salzburg zur APA, „daher sind nicht so viele Passagiere betroffen“.
Auf deutsche Flughäfen wirkt sich das Ganze unterschiedlich aus - vor allem kleinere Airports sind zum Teil massiv betroffen. Deutsche Airlines boten Germania-Passagieren, die sich im Ausland befinden, verbilligte Tickets für die Rückflüge an.
Nach den Worten von Germania-Geschäftsführer Karsten Balke war es nicht gelungen, Finanzierungsbemühungen zur Deckung eines kurzzeitigen Liquiditätsbedarfs erfolgreich zum Abschluss zu bringen. „Wir bedauern sehr, dass uns als Konsequenz daraus keine andere Möglichkeit als die der Insolvenzantragstellung blieb“, erklärte Balke. Der Geschäftsbetrieb der Schweizer Germania Flug AG und der Bulgarian Eagle geht dagegen weiter. Wie viele der zuletzt insgesamt 37 Flugzeuge bei Germania dort noch im Einsatz sind, blieb unklar.
Auf den deutschen Flughäfen bot sich ein unterschiedliches Bild. Stark betroffen sind kleinere Standorte - zum Beispiel der Flughafen Rostock-Laage. „Von den knapp 296.000 Passagieren im vergangenen Jahr flogen 46 Prozent mit Germania“, sagte Flughafen-Geschäftsführerin Dörthe Hausmann. Auch dem Flughafen Münster/Osnabrück drohen Lücken, etwa ein Viertel der Passagiere sollte 2018 in Germania-Maschinen sitzen. In Friedrichshafen am Bodensee liegt der Passagieranteil von Germania nach Airportangaben sogar bei etwa einem Drittel. Stark betroffen ist zudem der Erfurter Flughafen, wo Germania die wichtigste Airline war.
Als vorläufiger Insolvenzverwalter wurde vom Amtsgericht der Berliner Jurist Rüdiger Wienberg bestellt, wie ein Sprecher Wienbergs am Dienstag auf Anfrage sagte. Es handle sich um ein klassisches Regelinsolvenzverfahren und nicht um eines in Eigenverwaltung. Bei letzterem wäre das Management bis auf Weiteres an Bord geblieben, bei einer Regelinsolvenz übernimmt hingegen ein Insolvenzverwalter die Führung. Zuvor hatte die „Wirtschaftswoche“ über die Personalia berichtet. Das Amtsgericht Berlin-Charlottenburg bestätigte den Eingang des Insolvenzverfahrens zunächst nicht und verwies auf eine Webseite der Länder zu Insolvenzbekanntmachungen.
Als viertgrößte deutsche Airline ist Germania bei vielen Touristen wegen ihrer Ferienflüge in den Mittelmeerraum bekannt. Germania beförderte jährlich mehr als vier Millionen Passagiere. Zum Vergleich: Bei der Lufthansa Group waren es im vergangenen Jahr 142,3 Millionen Passagiere.
Die derzeitige Zahl der Beschäftigten bei der Germania Fluggesellschaft nannte das Unternehmen in der Mitteilung nicht. In einem Jahresabschluss-Bericht zum Geschäftsjahr 2016 waren 954 Mitarbeiter aufgeführt. Momentan sollen es noch mehr als 1.000 sein, Verdi spricht von 1.150.
Der deutsche Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) sieht indes bisher keinen Anlass für staatliche Hilfen wegen der Insolvenz. „Das ist ein Anwendungsfall von Marktwirtschaft“, sagte Altmaier in Berlin.
Anfang Jänner waren die finanziellen Schwierigkeiten bei Germania bekannt geworden. Der Flugbetrieb ging jedoch zunächst planmäßig weiter. Zwischenzeitlich hatte die Firma von erfolgreichen Finanzierungsverhandlungen gesprochen. Ende Jänner wurde aber bekannt, dass es bei der Auszahlung der Jänner-Gehälter an die Mitarbeiter Verzögerungen gibt. Die Airline begründet den finanziellen Engpass mit massiven Steigerungen der Kerosinpreise und mit einer „außergewöhnlich hohen Anzahl technischer Serviceleistungen an der Flotte“.
Noch am Montag hatte es einen Bericht über eine Investorengruppe aus Nordrhein-Westfalen gegeben, der hoffen ließ. Die „Neue Ruhr/Neue Rhein Zeitung“ berichtete, dass eine Gruppe unter der Koordination von ehemaligen Airline-Managern helfen wolle und kurzfristig einen zweistelligen Millionen-Betrag bereitgestellt werden solle. Zu der Gruppe sollte auch der frühere Air Berlin-Chef Joachim Hunold gehört haben. Germania wollte zu dem Bericht keine Stellung nehmen, betonte aber noch am Montag: „Der Flugbetrieb verläuft stabil.“ In der Nacht folgte dann die Mitteilung der Insolvenz.
Erst Ende Oktober 2017 hatte die damals zweitgrößte deutsche Fluggesellschaft Air Berlin ihren Flugbetrieb eingestellt, rund 8.000 Mitarbeiter waren betroffen. Im Herbst 2018 ging die Charterfluggesellschaft Small Planet Airlines mit Sitz in Berlin in die Insolvenz.