Ski-WM: Lindsey Vonn: „Es kann nicht jeder Tom Brady sein“

Aare (APA) - Lindsey Vonn hat am Dienstag nach dem WM-Super-G zu ihrem bevorstehenden Karriereende Stellung genommen. Am Sonntag wird der Sk...

Aare (APA) - Lindsey Vonn hat am Dienstag nach dem WM-Super-G zu ihrem bevorstehenden Karriereende Stellung genommen. Am Sonntag wird der Ski-Alpin-Star aus den USA nach der Abfahrt in Aare einen Schlussstrich ziehen. „Es kann nicht jeder Tom Brady sein, der schon zum millionsten Mal die Super Bowl gewonnen hat“, meinte die von Verletzungen gebeutelte 34-Jährige. Dem Skisport wolle sie nicht verbunden bleiben.

„Das ist das Leben. Ich versuche, die Position zu akzeptieren, in der ich bin“, betonte Vonn, die ihren Körper nach vielen Rückschlägen nicht mehr Strapazen zumuten wolle. Sie werde für den Rest des Lebens Schmerzen haben, stellte sie klar. Ihre Knie seien dauerhaft beschädigt. „Ich habe keine Knorpel, keinen Meniskus. Ich habe Platten und Schrauben.“

Es passte ins Bild, dass die US-Amerikanerin bei der Pressekonferenz enthüllte, dass bei ihrem Trainingssturz in Copper Mountain im linken Knie offenbar doch mehr passiert ist, als zunächst kommuniziert wurde. „Ich habe mir mein Außenband komplett gerissen im November“, informierte sie. Das mache nun im Frühjahr schon die nächste Knieoperation notwendig. „Hoffentlich meine letzte Operation.“

Diese Verletzung war es schließlich auch, die Vonn daran hinderte, in dieser Saison den Alpin-Siegrekord des Schweden Ingemar Stenmark anzugreifen. 86 Weltcup-Siege hat Stenmark erreicht, bei 82 wird Vonn stehenbleiben. Heuer stieg die US-Amerikanerin wegen starker Schmerzen erst im Jänner 2019 in Cortina in den Weltcup ein, beleidigte dort aber zusätzlich einen Nerv im Wadenbein und spielte mit dem Gedanken, sofort alles hinzuschmeißen. „Aber so wollte ich nicht aufhören“, verriet die Abfahrts-Olympiasiegerin von 2010.

Viele ihrer Rekorde könnten bald von ihrer US-Teamkollegin Mikaela Shiffrin gebrochen werden. Vor allem könnte die Stenmark-Bestmarke fallen, den Shiffrin hat im Alter von 23 Jahren bereits 56 Siege auf dem Konto. „Es macht eh keinen Sinn diesen Rekord zu brechen, sie holt ihn sowieso“, sagte Vonn.

Zu ihrem Abschied wünsche sie sich, dass Stenmark am Sonntag im Zielstadion in Aare sitzt. „Ich denke, wenn ich mein letztes Rennen haben könnte mit ihm dabei, wäre das der beste Abschied, den ich haben könnte.“ Die neue Super-G-Weltmeisterin Shiffrin wünschte Vonn, „den besten Abschied, den sie haben kann“. Abschreiben solle man sie nicht, warnte Vonn selbst: „Ich habe noch eine Chance. Vielleicht schaffe ich ein Wunder.“

In ihrem vorletzten Rennen ging ein Sturz glimpflich aus. Vor einem kleinen Sprung verlor Vonn ihre Linie und rammte ein Tor. „Ich habe mir gedacht, warum bin ich schon wieder im Netz? Ich bin zu alt für diesen Scheiß“, erläuterte Vonn, die diesmal nur leichte Verletzungen an den Rippen und blaue Flecken davontrug.

Das Adrenalin im Spitzensport werde sie auf jeden Fall vermissen. „So sehr ich es liebe zu gewinnen, schnell zu sein liebe ich noch mehr“, gab Vonn zu Protokoll. Diesen Kick nicht mehr bekommen zu können, sei deprimierend. „Ich bin einmal ein Formel-1-Auto gefahren, aber das war nicht dasselbe wie Skifahren.“

Ihre Zukunft sei noch vage, es gebe aber ein paar Anhaltspunkte. „Etwas mit Film wird kommen, ich werde zwar nicht schauspielen, aber eine Produzententätigkeit“, deutete Vonn etwas kryptisch an. Sie werde ihren Sponsoren Red Bull und Under Armour verbunden bleiben, und irgendwann werde auch die Mutter-Rolle wichtig werden. „Ich werde jetzt nicht davonrennen und schwanger werden, aber es ist etwas, auf das ich mich sehr freue. Und ich möchte skifahren mit meinen Kindern, das ist ein weiterer Grund, warum ich jetzt aufhören muss.“

Zum Skisport wolle sie komplett Abstand gewinnen. Einen Trainerjob oder eine wichtige Tätigkeit für ihre Skifirma Head könne sie sich nicht vorstellen. „Das würde mich zu traurig machen. Ich brauche eine Pause“, sagte Vonn. „Ich möchte ja noch Rennen fahren. Ich akzeptiere, dass ich es nicht mehr kann, aber ich möchte noch hier sein.“ Erst nach ein paar Jahren werde sich diese Haltung vielleicht ändern, fügte sie hinzu.