Neue Front im Missbrauchsskandal für Papst Franziskus

Vatikanstadt (APA/dpa) - Im Missbrauchsskandal der katholischen Kirche steigt der Druck auf Papst Franziskus. Nach seinem Eingeständnis von ...

Vatikanstadt (APA/dpa) - Im Missbrauchsskandal der katholischen Kirche steigt der Druck auf Papst Franziskus. Nach seinem Eingeständnis von sexuellem Missbrauch von Nonnen durch Priester und Bischöfe wurden am Mittwoch Forderungen nach Konsequenzen und Kritik an der Rolle der Frau in der Kirche laut.

Das Katholikenoberhaupt hatte am Dienstag auf dem Rückweg von Abu Dhabi zugegeben, dass der sexuelle Missbrauch von Nonnen in der katholischen Kirche ein Problem ist. „Ich weiß, dass Priester und auch Bischöfe das getan haben“, sagte der Pontifex. „Und ich glaube, es wird immer noch getan.“ Einige Kulturen oder religiöse Gemeinschaften betreffe es mehr als andere. „Es ist keine Sache, die alle machen.“ Der Papst sprach sogar von „sexueller Sklaverei“ durch Kleriker in einem Fall. Franziskus sagte, dass mehr gegen das Problem gemacht werden müsse und die Kirche mehr tun wolle.

Der Missbrauch von Ordensfrauen sei ein Thema, „das einer dringenden Klärung bedarf“, erklärte Bischof Felix Genn, Vorsitzender der Kommission für Geistliche Berufe und Kirchliche Dienste bei der Deutschen Bischofskonferenz. „Jede Form von sexuellem Übergriff und Missbrauch ist zu verurteilen – gegenüber Minderjährigen und Volljährigen.“

Noch mehr heikle Themen kann Papst Franziskus zurzeit eigentlich nicht gebrauchen. Der sexuelle Missbrauch von Kindern durch Geistliche in vielen Ländern ist zum Mammutthema geworden, das sein Pontifikat überschattet. Ende Februar will der Papst darüber mit Bischöfen aus aller Welt im Vatikan diskutieren.

Die Reformbewegung „Wir sind Kirche“ forderte am Mittwoch, den Missbrauch von Nonnen mit auf die Tagesordnung zu nehmen. Das Problem erklärt die Bewegung mit dem „männlichen Klerikalismus“, der dazu beitrage, dass Frauen in vielen Teilen der Welt als Menschen zweiter Klasse angesehen werden.

„Erst wenn Frauen auf allen Ebenen der Kirche auf Augenhöhe sind mit Männern und wenn überhaupt niemand in der Kirche mehr in die Position gebracht wird, dass er sich einem anderen unterwerfen muss, erst dann wird es keinen Missbrauch mehr geben“, sagte die Theologin Doris Reisinger der Deutschen Presse-Agentur. Die gebürtige Bayerin stand jahrelang im Dienst der Kirche, bis sie 2011 aus der Ordensgemeinschaft „Das Werk“ austrat. Sie erstattete Anzeige gegen einen Priester, sie dort 2008 vergewaltigt zu haben. Strafrechtlich verurteilt wurde er dafür nicht.

Reisinger berichtet von Gehorsam, Unterordnung und Hilflosigkeit. Ordensfrauen werde glauben gemacht, es sei Teil ihrer Berufung, „dass du dich unterordnen musst und bereitwillig leiden musst“. Der erste Schritt für Veränderung wäre, Ordensfrauen ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. Von Papst Franziskus erwarte sie, dass er seine Machtfülle nutzt, damit es nicht beim „bloßen Zugeständnis“ bleibt. „Wir sind hier! Redet mit uns und nicht über unsere Köpfe hinweg und nehmt uns und das, was uns angetan worden ist, ernst“, sagte sie. Zudem forderte sie unabhängige Studien, die das Problem weltweit in den Blick nehmen, Entschädigungen und Unterstützung betroffener Frauen sowie die konsequente Bestrafung der Täter.

Der Papst hatte sich auf Fragen von Journalisten dem Thema gestellt. Nur wenige Tage vorher hatte das Frauenmagazin der Vatikan-Zeitung „L‘Osservatore Romano“ kritisiert, dass die Kirche das Problem immer noch ignoriere. „Am schlimmsten ist die Situation in Afrika, Asien und Lateinamerika“, sagte Chefredakteurin Lucetta Scaraffia der dpa und nannte etwa Indien und den Kongo als Beispiele. „Weniger (schlimm ist es) in Europa und Nordamerika. Aber auch dort gibt es das.“

Aus Angst vor Bestrafung würden viele Ordensschwestern ihre Peiniger nicht anzeigen. Wer sich doch traue, wisse oft nicht, an wen er sich wenden solle. „Es muss Institutionen innerhalb der Kirche geben, bei denen ein Fall von Gewalt angezeigt werden kann“, sagte Scaraffia. Aber das erste, was den Frauen dort versichert werden müsse, sei, „dass sie keine weitere Gewalt oder Strafe fürchten müssen“.