Aare 2019

Kriechmayr verspürt Genugtuung: „Ich habe Silber gewonnen“

Von links: Vincent Kriechmayr (2., AUT), Dominik Paris (1., ITA) und Johan Clarey (2., FRA) bei der Siegerehrung am Mittwochabend in Aare.
© gepa/Kneisl

Im zweiten Rennen der Ski-WM in Aare gab es für Österreich die erste Medaille. Nach der Pleite der Damen am Vortag holte sich Vincent Kriechmayr im Herren-Super-G Silber. Der 27-Jährige musste sich ex-aequo mit dem Franzosen Johan Clarey nur dem Südtiroler Dominik Paris um 0,09 Sekunden geschlagen geben.

Aare - Eines wollte Vincent Kriechmayr gleich einmal klarstellen, es handle sich um keine verlorene Goldmedaille. „Ich habe Silber gewonnen“, sagte der Oberösterreicher nach dem WM-Super-G in Aare. An seinem Empfinden änderten auch nur 9/100 Rückstand auf den Südtiroler Sieger Dominik Paris nichts. Das erste WM-Edelmetall für den 27-jährigen Kriechmayr war Erleichterung und Genugtuung.

Es sei wegen der Sicht auf dem schwierigen Kurs mit viel Gelände und Wellen ein hartes Rennen gewesen. Und als er im Ziel abschwang, sei eine Enttäuschung wegen ein paar Fehlern da gewesen. „Aber auch ‚Domme‘ machte Fehler“, sagte er über den neuen Weltmeister. Er habe versucht, ans Limit zu gehen, das sei ihm nicht überall geglückt. „Vielleicht bin ich deshalb nur Zweiter, aber ich bin damit sehr zufrieden.“

Im Ziel sei er sehr nervös gewesen, denn vierte Plätze hatte er in diesem Winter bereits mehrere geholt (zwei im Super-G, einen in der Abfahrt), freilich aber auch den Sieg in der Wengen-Abfahrt, der ihn für alle folgenden Speedrennen zu einen Mitfavoriten gemacht hatte. Kriechmayr riskiert gern „sein letztes Hemd“, wie er immer sagt, zuletzt ins Kitzbühel schoss er damit in der Abfahrt übers Ziel hinaus, das Kraftpaket hatte zwei Stürze aber mit Bravour vermieden. In Aare war die Dosis am Mittwoch scheinbar genau die richtige für den Medaillengewinn, denn viele nahmen zu viel Risiko und schieden aus.

„Es ist eine große Genugtuung“

„Das ist jetzt mehr Erleichterung“, sagte der Fischer-Pilot also nach Silber. „Ich freue mich irrsinnig, auch wenn ich das nicht so emotional zeige. Ich werde das erst in den nächsten Tagen richtig realisieren. Es ist eine große Genugtuung, denn bei der WM zählen nur die ersten drei Plätze. Es freut mich irrsinnig, dass ich gleich im ersten Rennen zeigen konnte, was ich draufhabe.“ Er könne jetzt wesentlich entspannter an die Abfahrt denken.

Beim Weltcupfinale im März 2018 in Aare gewann Kriechmayr Abfahrt und Super-G., das habe es für die WM „wesentlich angenehmer“ gemacht, als wenn er vergangenes Jahr auf der Strecke nicht zurechtgekommen wäre. „Ich wusste, dass ich hier sehr schnell Skifahren kann. Ich habe mir natürlich die Läufe vom letzten Jahr angeschaut. Ich habe mir auch selber einen Druck gemacht. Es ist alles aufgegangen. Ich bin superhappy.“

„Da bin ich nur der Knecht“

Kriechmayr ist sehr mit seiner Familie in Gramatstetten verbunden. Als er diesem Winter einmal danach gefragt wurde, was er mit dem Preisgeld so mache, hatte er erklärt, er fahre nicht wegen des Geldes, und außerdem gäbe es auf dem Bauernhof und bei den Rindern seines (Zwillings-)Bruders immer etwas zu tun. „Da bin ich nur der Knecht. Da mache ich nur, was mir angeschafft wird, da muss ich nicht denken, nur arbeiten“, hatte er im Vorjahr nach seinem Aare-Doppelsieg gemeint. Arbeit, die der Naturbursche freilich gerne erledigt.

Groß war die Freude, dass die Eltern jetzt „nicht nur wegen der schönen Landschaft“ nach Schweden gereist waren, sondern er ihnen und dem mitgereisten Fanclub als Wiedergutmachung für den Aufwand eine Silbermedaille geben habe könne. Mit dem Lesen der Gratulationen auf seinem Handy ließ er sich Zeit. „Das Handy ist immer im Appartement. Ich bin zum Skifahren hier und nicht zum Handyspielen. Aber ich freue mich irrsinnig, wenn ich dann ein paar Nachrichten lesen darf.“

Nach Vincent Van Gogh benannt

Benannt ist der bodenständige, das Herz auf der Zunge tragende „Vinc“, wie ihn im Ski-Zirkus alle nennen, nach dem Maler Vincent Van Gogh, sein Bruder heißt Rafael, die Schwester Jacoba. Die aus Belgien stammenden Mutter Gertrudis ist Kunstgeschichte-Lehrerin, Vater Heinrich war Skilehrer in Obertauern.

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