Meisterin der Schicksalsschläge: Rosamunde Pilcher ist tot
Dundee (APA/dpa) - Junge trifft Mädchen. Es gibt Schwierigkeiten. Und am Ende kriegen sie sich. Dieses Strickmuster ist ebenso schlicht wie ...
Dundee (APA/dpa) - Junge trifft Mädchen. Es gibt Schwierigkeiten. Und am Ende kriegen sie sich. Dieses Strickmuster ist ebenso schlicht wie erfolgreich - und kaum jemand beherrschte es wie Rosamunde Pilcher. Dutzende Male hat die Britin diese Geschichte immer wieder neu erzählt. Nun starb die Meisterin der Schicksalsschläge und des vorhersehbaren Happy End im Alter von 94 Jahren.
Die Autorin, die am 22. September 1924 in Lelant (Cornwall) geboren wurde und in Schottland lebte, verkaufte Millionen Bücher, obwohl sie das Feuilleton nie vom Hocker riss. In keinem anderen Land war Pilcher so bekannt wie in Deutschland. Zu verdanken hatte sie das wohl dem ZDF, das mit mehr als 100 auf Pilcher-Geschichten basierenden, herzerwärmenden 90-Minuten-Filmen eines der erfolgreichsten Formate des deutschen Fernsehen geschaffen hat.
Anders als bei anderen Todesfällen müssen die deutschsprachigen TV-Sender nach Pilchers Tod eigentlich gar nicht ihr Programm ändern. Allein im Februar stehen bereits jetzt ein gutes Dutzend Verfilmungen von Pilchers Romanen und Kurzgeschichten allein auf den Programmen von ORF, ZDF und SRF. Der ORF zeigt derzeit wöchentlich einen Pilcher-Film.
Den Durchbruch feierte Pilcher mit „Die Muschelsucher“, ihrem bereits 14. Roman. Die Familiensaga von 1987 veröffentlichte sie dabei bereits im Pensionsalter. Mit dem Schreiben begonnen hatte sie als 15-Jährige, mit 18 die erste Kurzgeschichte veröffentlicht.
Nach dem Schulabschluss meldete sich das Mädchen 1942 zum Kriegsdienst und arbeitete kurze Zeit im britischen Außenministerium, dann in Indien. Zurück in der Heimat lernte sie Graham Pilcher kennen. 1946 heiratete das Paar und zog ins schottische Dundee, wo Grahams Familie ein Textilunternehmen hatte.
Rosamunde Pilcher bekam vier Kinder. Ihre Kurzgeschichten entstanden am Küchentisch und erschienen in Frauenzeitschriften. Über ihre Arbeit habe die seit 2009 verwitwete Mutter zu Hause nie gesprochen, erinnerte sich die älteste Tochter, Fiona Wynn-Williams. „Wir waren oft picknicken in den Bergen und am Strand“, erzählte sie einmal der Nachrichtenagentur dpa.
Pilcher habe ihre Kinder ermutigt, immer das zu tun, was sie wollten - zum Schreiben habe sie sie nie überreden wollen. Einer tut es trotzdem: Robin Pilcher (64) ist selbst Schriftsteller. Der Erfolg bescherte Pilchers Familie ein Millionenvermögen und machte ihre eher strukturschwache Heimat Cornwall zum begehrten Reiseziel - vor allem für Deutsche. Fast die Hälfte der ausländischen Touristen dort kommt aus der Bundesrepublik. In den vergangenen 20 Jahren hat die Zahl der deutschen Besucher sich verdoppelt, rund 130.000 kommen pro Jahr über den Ärmelkanal. „Wir haben diese Popularität zum großen Teil Rosamunde Pilcher zu verdanken“, sagte Julia Hughes von der Tourismusplattform „Visit Cornwall“.
Auch das ZDF hatte daran einen Anteil. Kamerafahrten über breite Strände und raue Klippen, Weinberge und herausgeputzte Herrenhäuser machten äußerst erfolgreich Werbung für die Region. Pilcher-Touren führen zu den Schauplätzen der zwar manchmal von Dramen gebeutelten, aber letztlich heilen Welt, die sie in ihren Geschichten entwarf: Voller großherziger Menschen, die reiten und Sport- oder Geländewagen fahren, und dafür frei von Sex und Gewalt. Den wenigen Bösewichten ist ihre Hinterhältigkeit schon von weitem anzusehen. Pilcher bot eine Pause vom echten Leben und seinen Überforderungen - egal, was Literatur- und Filmkritiker davon halten.