Tirol

Bluttat in Dornbirn: Sicherheitskonzept in Tirol am Prüfstand

Konkrete Pläne für Sicherheitsschleusen wie auf Flughäfen oder bei Gerichten gibt es im Land Tirol vorerst nicht. Die Stadt Innsbruck plant hingegen für das Sozial- und Jugendamt eine Schleuse mit Wachdienst.
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Nach dem tödlichen Angriff auf einen Beamten der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn überarbeitet nun auch das Land Tirol die Maßnahmen zum Schutz seiner Mitarbeiter.

Von Nikolaus Paumgartten

Innsbruck, Dornbirn – Die tödliche Messerattacke auf einen Sozialamtsleiter der Bezirkshauptmannschaft in Dornbirn am Mittwoch hat für Betroffenheit über die Landesgrenzen hinaus gesorgt. So beschäftigte die Bluttat in Vorarlberg gestern auch die Tiroler Landesverwaltung. „Wir sind alle tief betroffen von der tödliche Messerattacke in unserem Nachbarbundesland und haben dies auch in einem persönlichen Schrei­ben an unsere Kolleginnen und Kollegen der Vorarlberger Landesverwaltung zum Ausdruck gebracht“, sagt Landesamtsdirektor Herbert Forster.

Der Vorfall befeuert nicht nur in Vorarlberg die Debatte rund um die Sicherheit in öffentlichen Gebäuden und auf Ämtern. In Tirol, so erklärt Forster, gebe es bestehende Sicherheitskonzepte für alle Landesgebäude. „Diese Konzepte werden immer wieder – so auch aktuell – überarbeitet und sofern notwendig auch umgehend angepasst und aktualisiert. Der Schutz der Bediensteten in der Tiroler Landesverwaltung ist uns sehr wichtig – nicht nur der Schutz vor Arbeitsunfällen, sondern auch der Schutz vor Aggressionen jeglicher Art“, bekräftigt der Landesamtsdirektor. Zentral sei dabei, einen professionellen Umgang mit den Kundinnen und Kunden zu pflegen. Dazu würden auch Maßnahmen zur Deeskalation zählen. „Im Landesdienst gibt es seit vielen Jahren regelmäßig Schulungen und Workshops für einen professionellen Umgang speziell auch mit verhaltens­auffälligen Kundinnen und Kunden“, so Forster. Gleichzeitig wolle man aber weiterhin zur kundenfreundlichen, offenen und transparenten Verwaltung stehen.

Bereits jetzt werde die Sicherheit der Mitarbeiter über ein Sicherheitssystem auf mehreren Ebenen gewährleistet. Für alle Mitarbeiter mit Parteienverkehr gibt es beispielsweise einen Notruf am Telefon (SOS-Taste), womit ein ausgewählter Kreis an Mitarbeitern alarmiert werden kann. Die Haupteingänge zu den Gebäuden der Bezirkshauptmannschaften und weitere neuralgische Wartebereiche werden mit Videokameras überwacht und an den Schaltern sind teilweise Notruftaster mit direkter Verbindung zum Polizeinotruf aktiv. Bei verhaltensauffälligen Bürgern wird bereits im Zuge der Anmeldung ein zusätzlicher Sachbearbeiter hinzugezogen. Außerdem wurden Mitarbeiter mit erhöhtem Sicherheitsbedürfnis teilweise mit Taschenalarmen ausgestattet. Vereinzelt gibt es zudem Überwachung durch einen privaten Sicherheitsdienst. Bei lautstarken Auffälligkeiten oder sonstigen Besonderheiten sind Mitarbeiter angewiesen, die Polizei zu alarmieren. Dies komme allerdings sehr selten in Einzelfällen vor.

Auch in der Landeshauptstadt ist die Sicherheit auf Ämtern immer wieder ein Thema. „Bei bestimmten Dienststellen gibt es Systeme, über die bei Überfällen oder Angriffen Alarm ausgelöst werden kann“, erklärt Elmar Rizzoli, Amtsleiter für allgemeine Sicherheit. Wie diese konkret funktionieren und wo sie im Einsatz sind, will er aus Sicherheitsgründen nicht verraten.

Kein Geheimnis ist allerdings jene Schleuse, die binnen der kommenden zwei Wochen im so genannten Bürgergarten in Betrieb gehen soll. Dort ist das Jugend- und Sozialamt der Stadt Innsbruck untergebracht. Mit der Vorarlberger Messerattacke habe diese Maßnahme jedoch nichts zu tun, die Planungen würden bereits seit dem Herbst des Vorjahres laufen. „Wir haben es dort immer wieder mit gewaltbereiten Klienten zu tun und haben uns daher für eine Sicherheitsschleuse entschieden, wie sie an den Gerichten und bei der Polizei im Einsatz sind“, erklärt Rizzoli. Diese wird von Mitarbeitern der Mobilen Überwachungsgruppe (MÜG) betreut. Dank Metalldetektoren wird es künftig nicht mehr möglich sein, ein Messer oder eine andere Waffe mit ins Gebäude zu nehmen.

Der Vorfall in Dornbirn hat auch andere Bundesländer veranlasst, ihre Sicherheitskonzepte zu überprüfen: In der Steiermark wurden bereits in den vergangenen Jahren Schleusen- und Alarmsysteme installiert, bis 2024 soll es in allen Bezirkshauptmannschaften Oberösterreichs Sicherheitsschleusen geben. Auch Niederösterreich und Kärnten prüfen den Einsatz von Schleusensystemen.

Betroffenheit über Bluttat im Sozialamt

Der Schock in Vorarlberg sitzt tief. Nachdem am Mittwoch der Leiter des Sozialamtes in der Bezirkshauptmannschaft (BH) in Dornbirn von einem 34-jährigen Türken erstochen wurde, kommen immer mehr grausame Details. Die Aussagen des mutmaßlichen Täters seien „schockierend“, er habe „keinerlei Reue“ gezeigt, sagte Norbert Schwendiger von der Vorarlberger Polizei gestern. Man gehe von einem „kaltblütigen Mord“ aus.

Der Tat ging eine Diskussion über die Grundversorgung für Asylwerber voraus. Mehrmals war der Türke bei der BH vorstellig geworden, hatte Geld gefordert. Da Unterlagen aus seiner Wohngemeinde Lustenau fehlten, wurde er immer wieder abgewiesen. Am Mittwochnachmittag ging der Mann mit einem langen Küchenmesser bewaffnet direkt in das Büro des 49 Jahre alten Sozialamtsleiters, stach mehrmals auf ihn ein. Gegen den in Vorarlberg geborenen Türken war bereits Ende 2009 ein Aufenthaltsverbot im gesamten Schengenraum verhängt worden. Im Jahr 2010 verließ er Österreich, Anfang dieses Jahres soll er per Schlepper ins Land zurückgekehrt sein. Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) zeigte sich „entsetzt über den tragischen Vorfall. Leider zeigt auch dieses schreckliche Ereignis Unzulänglichkeiten im bestehenden internationalen Asylsystem, das wir genau analysieren werden“, sagte Kickl.

Der Angriff hat in mehreren Bundesländern eine Debatte über die Sicherheit in öffentlichen Ämtern ausgelöst. Auch Tirol überprüft seine Sicherheitskonzept­e. (TT)

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