Venezuela-Kontaktgruppe sucht in Uruguay nach Ausweg aus Staatskrise

Montevideo/Caracas (APA/AFP/dpa) - Die Kontaktgruppe aus EU- und lateinamerikanischen Staaten hat am Donnerstag nach einem Ausweg für die St...

Montevideo/Caracas (APA/AFP/dpa) - Die Kontaktgruppe aus EU- und lateinamerikanischen Staaten hat am Donnerstag nach einem Ausweg für die Staatskrise in Venezuela gesucht. Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini sagte in Uruguays Hauptstadt Montevideo, die Lösung müsse „vom venezolanischen Volk“ kommen.

Angesichts der verheerenden Versorgungsengpässe in Venezuela wollen UN-Organisationen helfen, sind aber auf die Zustimmung der Regierung des umstrittenen Staatschefs Nicolás Maduro angewiesen.

Mogherini nannte als Ziel der Beratungen in Montevideo, „Gewalt im Innern und Intervention von außen zu vermeiden“ und in einem begleitenden Prozess zu „freien und transparenten Präsidentschaftswahlen“ in Venezuela zu kommen. Der uruguayische Präsident Tabaré Vázquez sagte, die internationale Gemeinschaft sei zur „Vorsicht“ aufgerufen. Venezuela stehe vor der Wahl „Frieden oder Krieg“.

Obwohl zahlreiche EU-Staaten den venezolanischen Oppositionspolitiker Juan Guaidó bereits als legitimen Interimspräsidenten anerkannt haben, konnte sich die Europäische Union bisher nicht auf eine gemeinsame Linie festlegen. Mogherini konnte deshalb zuletzt nicht mehr als einen Minimalkonsens verkünden: Die Wiederwahl Maduros im vergangenen Jahr habe nicht den demokratischen Standards entsprochen und das Parlament sei die einzige rechtmäßige Staatsgewalt des Landes. Auf lateinamerikanischer Seite ist mit Bolivien zudem ein enger Verbündeter Maduros mit von der Partie.

Die Kontaktgruppe, der auch Deutschland angehört, will innerhalb von drei Monaten einen Weg hin zu einer vorgezogenen Präsidentschaftswahl in Venezuela ausloten. Das entspricht der Forderung von Guaidó, der sich am 23. Jänner mit Unterstützung vor allem der USA selbst zum Interimsstaatschef erklärt hatte.

Mexiko und Uruguay legten einen Fahrplan vor, der einen Dialog zwischen den verfeindeten Lagern, Einigung auf Eckpunkte und die Unterzeichnung eines Abkommens vorsieht. Der sogenannte Mechanismus von Montevideo dürfte allerdings kaum auf die Zustimmung der meisten Europäer treffen. Auch Guaidó hat einem „falschen Dialog“ bereits eine Absage erteilt.

Maduro ist gegen eine vorgezogene Präsidentschaftswahl. Stattdessen sprach er sich für vorgezogene Wahlen des Parlaments aus, in dem die Opposition das Sagen hat, das aber entmachtet ist. Statt ihm setzte Maduro eine ihm ergebene Verfassungsgebende Versammlung ein.

Ein UN-Sprecher sagte am Donnerstag in Genf, es gebe einen „dringenden Bedarf für mehr humanitäre Hilfe“ in Venezuela. Guaidó rief derweil das Militär auf, internationale Hilfslieferungen ins Land zu lassen.

Einige UN-Agenturen sind bereits im Land, etwa das Kinderhilfswerk UNICEF oder die Panamerikanische Gesundheitsorganisation, ein Ableger der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Sie betreiben Programme für Entwicklungshilfe oder zur Prävention. Viele von ihnen sind nach Angaben des UN-Sprechers aber dabei, „ihre Unterstützung zu intensivieren“. Das Welternährungsprogramm (WFP) ist dagegen im Land nicht präsent.

Guaidó bezeichnete die Blockade einer Brücke an der Grenze zu Kolumbien am Mittwoch als „absurde Reaktion eines Regimes, das sich nicht für die Bürger interessiert“. Er fügte hinzu, alles unternehmen zu wollen, damit die Hilfslieferungen doch nach Venezuela gelangten. Die Streitkräfte müssten sich entscheiden, ob sie sich auf die Seite „einer Diktatur ohne jede Menschlichkeit“ oder auf die Seite der Verfassung stellen wollten.

US-Außenminister Mike Pompeo rief Venezuelas Staatschef Maduro und das venezolanische Militär ebenfalls auf, die geplanten Hilfslieferungen passieren zu lassen. Das „Maduro-Regime“ müsse dafür sorgen, dass die Hilfe das „verhungernde Volk“ erreiche, schrieb er im Kurzbotschaftendienst Twitter. Zuvor war die Tienditas-Brücke zwischen den Nachbarstaaten Venezuela und Kolumbien mit Containern und einem Tankanhänger blockiert worden.

In Venezuela herrscht als Folge der politischen und wirtschaftlichen Krise ein extremer Mangel an Nahrungsmitteln und Medikamenten. Maduro lehnt Hilfslieferungen aus dem Ausland ab - er bezeichnet sie als Vorwand, um den Boden für eine von den USA angeführte Militärinvasion zu bereiten. Für die Versorgungsengpässe macht er die Sanktionen der USA verantwortlich.

Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz hat sein Jahresbudget für Venezuela verdoppelt, will aber nicht in die innnervenezolanischen Streitigkeiten hineingezogen werden. Die Internationale Föderation von Rotem Kreuz und Rotem Halbmond kündigte für Freitag bis Sonntag einen Besuch ihres Präsidenten Francesco Rocca zur „Evaluierung des humanitären Bedarfs“ an. Die Hilfe müsse „neutral, unabhängig und unparteiisch“ sein, teilte sie mit.

Ein Sprecher des Internationalen Währungsfonds (IWF) erklärte, es wäre zum jetzigen Zeitpunkt „verfrüht“, Finanzhilfen für Venezuela ins Auge zu fassen. Noch habe die Organisation nicht entschieden, welche Regierung in dem Land sie anerkenne. Guaidó wird mittlerweile von rund 40 Staaten anerkannt, unter ihnen die USA, Deutschland und weitere EU-Staaten wie Österreich sowie eine Reihe südamerikanischer Länder.