Thomas Bernhard: Grabtafel durch Faksimile aus Papier ersetzt

Wien (APA) - Ein Besuch des Grabes von Thomas Bernhard anlässlich seines 30. Todestages am 12. Februar offenbart einen Kompromiss: Die nicht...

Wien (APA) - Ein Besuch des Grabes von Thomas Bernhard anlässlich seines 30. Todestages am 12. Februar offenbart einen Kompromiss: Die nicht mehr vorhandene Originalgrabtafel wurde durch ein papierenes Faksimile ersetzt. Der Diebstahl jener Grabtafel vom Grinzinger Friedhof war bereits vor fünf Jahren in den Medien diskutiert worden.

Hinsichtlich der turbulenten Geschichte rund um das Grab von Thomas Bernhard, der am morgigen Samstag auch seinen 88. Geburtstag gefeiert hätte, scheint ein Rückblick angebracht: Ein Bild des Grabes aus dem Jahr 2001 zeigt einen kleinen am Grabkreuz angebrachten Schrein. Die Türen stehen weit offen und beherbergen eine bronzene Grabtafel mit den Namen der dort Beerdigten: Thomas Bernhard, sein „Lebensmensch“ Hedwig Stavianicek sowie deren Ehemann Franz. Die nächste Bilanz wurde im Jahr 2014 gezogen: Das Grinzinger Grab des österreichischen Schriftstellers schien von Dieben heimgesucht worden zu sein - der Schrein erneut offen, doch die Grabtafel fehlte.

Nach Angaben von Bernhards Halbbruder Peter Fabjan sei die Tafel schon zu einem früheren Zeitpunkt entwendet worden. Pläne für einen Ersatz hatte man damals nicht. Stattdessen thronte auf dem Grab ein unproportionales, mit Klebeband befestigtes Blatt, auf dem sich die Lebensdaten der Verstorbenen und ein Hinweis befanden, dass die Originaltafel entwendet wurde.

„Der Ersatz würde nur neuerlichem Entwenden an die Hand gehen“, so Fabjan damals gegenüber der APA. Unklar ist bis heute, ob der Akt von einem Devotionalienkult um den bedeutenden Schriftsteller angetrieben wurde oder einem unwissenden Buntmetallliebhaber zuzuschreiben ist.

Anlass genug, um dem Grinzinger Grab an einem untypisch warmen Februartag erneut einen Besuch abzustatten. Es ist ein sehr einfaches Grab, in dem Bernhard 1989 beigesetzt wurde. Bis heute hat es keine Einfassung. Einzig der Efeu kennzeichnet einen kleinen Fleck Erde, an dessen Ende ein schlichtes Grabkreuz aus dem Boden ragt. Eine einzelne weiße Rose liegt auf dem Grab, das angesichts seines anstehenden Geburtstages und Todestages leer wirkt. Ob es sich nur um einen Moment der Ruhe vor dem Sturm handelt, wird sich wohl in den nächsten Tagen noch zeigen.

Fürs Erste sind die Türen des kleinen Kästchens am Grabkreuz geschlossen und die dahinterliegende Grabtafel verborgen. In der Hoffnung, nicht beobachtet zu werden, und nach unangenehm langem Abtasten des Schreins, wird man auf einen kleinen Metallknopf aufmerksam. Das Ziehen daran öffnet die Türen und bringt folgende Erkenntnis: Aus der provisorischen Klebezettel-Lösung des Grabtafel-Dilemmas aus dem Jahr 2014 wurde eine endgültige - diese jedoch ebenso aus Papier. Der Versuch, mit einem papierenen Faksimile, das scheinbar schon vor ein paar Jahren anstelle der Tafel aus Bronze angebracht wurde, darüber hinwegzutäuschen, gelingt mittelmäßig. Auf den ersten Blick mag es sich vom Original nur wenig unterscheiden. Bei genauerem Betrachten fällt auf, dass es sich um eine Farbkopie auf dickerem Papier handelt. „Um einen neuerlichen Diebstahl der in dem am Kreuz angebrachten Kästchen befindlichen Grabtafel (...) zu vermeiden, wurde die Grabtafel inzwischen durch ein papierenes Faksimile ersetzt, außerdem an der Grabeinfassung eine Metalltafel mit seinem Namen angebracht“, so Bernhard-Bruder Fabjan in einer Stellungnahme gegenüber der APA.

„Es ist alles lächerlich, wenn man an den Tod denkt!“ Dieses Zitat Thomas Bernhards von der Verleihung des Staatspreises im Jahr 1968 kommt während des Besuchs seines Grabes in den Sinn. Denn auch wenn die neue „Grabtafel“ einen ästhetischen Nutzen erfüllt, mutet sie doch ein wenig absurd an.

(Die APA hat am 1. Februar 2019 ein umfangreiches Meldungspaket zum 30. Todestag von Thomas Bernhard versendet.)