Venezuela-Krise - Maduro lehnt US-Hilfslieferungen als „Almosen“ ab
Caracas/Washington (APA/dpa/AFP) - Die erste Hilfslieferung der USA für Venezuelas notleidende Bevölkerung ist ins Stocken geraten. Der link...
Caracas/Washington (APA/dpa/AFP) - Die erste Hilfslieferung der USA für Venezuelas notleidende Bevölkerung ist ins Stocken geraten. Der linksnationalistische Präsident Nicolás Maduro sagte am Samstag, Venezuela nehme keine „Almosen“ an. Stattdessen sollten die USA Sanktionen gegen sein Land aufheben. Die Lieferungen könnten zudem als Vorwand für eine ausländische Militärintervention dienen.
Zehn Lastwagen mit rund 100 Tonnen Lebensmitteln, Medikamenten und Hygieneartikeln standen am Samstag weiter in der kolumbianischen Grenzstadt Cúcuta vor der Tienditas-Brücke - venezolanische Soldaten ließen sie nicht passieren. Venezuelas selbst ernannter Interimspräsident Juan Guaidó kündigte auf Twitter trotzdem an, dass weiter an den Plänen für die Verteilung der Hilfen gearbeitet werde.
Guaidó wollte auch eine von ihm autorisierte US-Militärintervention in seinem Land nicht ausschließen. Er werde „alles Notwendige“ tun, um Menschenleben zu retten, sagte der oppositionelle Parlamentspräsident am Freitag der Nachrichtenagentur AFP in einem Interview. Er räumte aber ein, dass ein Eingreifen der USA ein „sehr brisantes Thema“ sei.
Der Machtkampf in dem südamerikanischen Krisenstaat hatte im Jänner begonnen, als Parlamentschef Guaidó sich selbst zum Übergangspräsidenten ernannte. Die Wahl von Staatschef Nicolás Maduro im vergangenen Jahr sei undemokratisch gewesen, begründete er seinen Schritt.
Staatschef Maduro aber weigert sich, eine Neuwahl auszurufen. Wahlen hätten keine Priorität, sagte Nicolás Maduro laut eines Berichts der Tageszeitung „El Universal“ vom Samstag. Für die Venezolaner seien die Stabilisierung und der Frieden im Land wichtig. Die einzige Institution des südamerikanischen Staates, die nicht legitim wiedergewählt worden sei, sei die Nationalversammlung (Parlament), sagte Maduro. „Guaidó ist bloß eine „Marionette“ der USA.“
Das von der Opposition dominierte - aber von Maduro weitgehend entmachtete - Parlament wandte sich am Samstag via Twitter an die Bevölkerung, um über die geplante Verteilung von Hilfsgütern zu informieren. Zunächst sollten vor allem unterernährte Kinder, Schwangere und Alte Hilfen erhalten. Das Parlament betonte: „Es ist keine ausländische Militärintervention, es ist echte Hilfe.“ Es handle sich nicht um Almosen, so das Parlament.
Maduro verurteilte das Hilfsangebot hingegen erneut. „Venezuela wird diese Show der falschen humanitären Hilfe nicht zulassen, denn wir sind keine Bettler“, sagte er am Freitag über die von der US-Entwicklungsbehörde USAID zur Verfügung gestellten Hilfsgüter. „Das ist keine Hilfe, das ist eine Demütigung des Volkes. Von außen sieht das Paket sehr schön aus, aber im Inneren ist Gift.“
Der US-Botschafter in Kolumbien, Kevin Whitaker, rief das venezolanische Militär auf, die Befehle Maduros nicht mehr zu befolgen. „Soldaten von Venezuela, ihr müsst eine Entscheidung treffen“, sagte er. „Ihr könnt Teil einer bewundernswerten, humanitären Kampagne sein.“ Auf Fernsehbildern waren am Samstag Helfer in Cúcuta zu sehen, die unter anderem Speiseöl und Nudeln verpackten.
Weitere Lieferungen sollen im benachbarten Brasilien sowie auf einer Karibikinsel zum Transport in das südamerikanische Krisenland bereitgestellt werden. Auch Guaidó wandte sich erneut an die Armee: „Ich rufe die Soldaten der Streitkräfte dazu auf, kein Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu begehen und die humanitäre Hilfe durchzulassen.“
Das Militär steckt angesichts der Not der Bevölkerung und des internationalen Drucks in einem Dilemma. Stoppen sie weiterhin die Hilfslieferungen, könnten sie weiter an Rückhalt in der Bevölkerung verlieren. Lassen sie die Güter aber passieren, käme das einer Meuterei gegen die Regierung Maduro gleich.
Angesichts des eskalierenden Machtkampfs in Venezuela hatten die Europäische Union und mehrere lateinamerikanische Staaten für eine friedliche Beilegung des Konflikts geworben. Die sogenannte Internationale Kontaktgruppe für Venezuela (ICG) forderte eine friedliche Krisenbewältigung durch eine freie, transparente und glaubwürdige Präsidentenwahl. Ein erstes Ultimatum der EU, freie Wahlen anzusetzen, hatte Maduro ignoriert.