Alarm bei Finanz: Mehr Aufgaben, weniger Personal
Finanzgewerkschafter warnen vor „Aushungern der Finanzverwaltung“. Ministerium weist Vorwurf von Personalmangel zurück.
Wien –Die Kritik an der Zentralisierung von Finanzverwaltung (40 Finanzämter werden zu einem „Finanzamt Österreich“) und Zoll (aus neun wird eines) reißt nicht ab. Die sozialdemokratische Gewerkschaft FSG warnt vor einem „Aushungern der Finanzverwaltung“ und verweist auf das zunehmende Ausmaß an Aufgaben, während die Personalzahlen schrumpfen würden.
Finanzämter bearbeiten demnach inzwischen jährlich fünf Millionen Arbeitnehmerveranlagungen (Steuerausgleich, Anm.), vor 15 Jahren waren es nur drei Millionen. Konkret waren es im Jahr 2003 noch 3,1 Mio. Anträge, 2010 schon 3,6 Mio. Fälle, 2016 beim Start der automatisierten bzw. antragslosen Arbeitnehmerveranlagungen rund 4,2 Mio. Anträge und 2017 5,1 Mio. Fälle. Zudem ist auch die Anzahl der Zollanmeldungen seit 2007 von 3,9 auf 4,5 Millionen (2017) gestiegen.
Auf der anderen Seite ist der Personalstand seit 2003 von rund 12.300 auf 9000 Vollzeitäquivalente gesunken und es steht in den kommenden zehn Jahren eine Pensionierungswelle bevor. Nach Angaben des Ministeriums gehen bis 2028 über 5000 der derzeit 11.000 Bediensteten in Pension. Gleichzeitig hat die Regierung einen Aufnahmestopp verordnet: Ab 2020 wird nur noch jede 3. Stelle nachbesetzt.
Die FSG Finanz und Zoll befürchtet, dass die Finanzverwaltung durch die geplante Reform „ausgehungert“ werden soll. „Statt für das nötige Personal zu sorgen, wird jetzt an der Organisationsstruktur geschraubt“, kritisiert Günter Biringer, FSG-Vorsitzender der Personalvertretung Finanz.
Jüngst hatte bereits die Tiroler SPÖ-Nationalrätin Selma Yildirim, Mitglied im Finanzausschuss und selbst in der Finanzverwaltung beschäftigt, vor einem Personalmangel gewarnt. Es gebe einen „sehr großen Druck auf die Mitarbeiter“. „Es wird immer schwieriger, den gesetzlichen Prüfauftrag zu erfüllen. Das bedeutet, dass der Republik Steuereinnahmen entgehen können“, legte sie nun nach. Personaleinsparungen bei der Finanzverwaltung würden spürbare Folgen für die Bürger haben, sagte sie. So komme es im Service- oder Beihilfenbereich zu Wartezeiten. „Das betrifft Familien mit Kindern, die auf die Familienbeihilfe warten müssen, sowie Arbeitnehmer, die auf Rückzahlungen aus der Arbeitnehmerveranlagung warten“, so Yildirim.
Im Finanzministerium wies man die Kritik zurück. Die gesunkenen Personalzahlen hängen damit zusammen, dass mit der EU-Osterweiterung 2004 mehr als 1000 Zollbeamte in den Exekutivdienst übersiedelt wurden. Andererseits werden etwa bei der Arbeitnehmerveranlagung immer mehr Schritte automatisiert und digitalisiert. Das sei nicht zuletzt auch vor dem Hintergrund, die Arbeitsplätze attraktiv zu halten, wichtig.
Ein Sprecher verwies darauf, dass „zukunftsweisende Bereiche und wichtige Stellen in der Betrugsbekämpfung und im Vollzug stets ausgebaut wurden“. Gleichzeitig verspricht die Regierung eine Verkürzung der Verfahrensdauer und Bescheidausstellung auf unter 20 Tage. Derzeit liegt sie bei der Arbeitnehmerveranlagung und der Familienbeihilfe bei rund 26 Tagen. (TT, APA)