Fotograf Willi Pechtl: Frühe Fotografie im alpinen Raum
Willi Pechtls neuestes Werk „Wanderjahre. Ein Beitrag zur frühen Fotografie im alpinen Raum“ erscheint demnächst im Studia-Verlag. Mit der TT sprach der Autor über den Mehrwert seiner Dokumentation.
Von Agnes Dorn
Tarrenz –Seit 37 Jahren hat Willi Pechtl, selbst leidenschaftlicher Fotograf und Künstler, zahlreiche Artikel über Fotografie aufbewahrt und ein großes Archiv angelegt. Jahrzehntelange Feldforschung und intensive Recherchen brachten Dokumente, Briefe sowie Berichte von Zeitzeugen oder deren Nachfahren hervor. Stundenlange Interviews mit Fotografen und Fotografierten im alpinen Raum vervollständigten den Fundus an Informationen, die Pechtl bereits in anderen Büchern, wie dem 2015 erschienenen Werk „Im Tal leben. Das Pitztal längs und quer“, bereitgestellt hat.
Pünktlich zum Jubiläumsjahr 180 Jahre Fotografie (das Patent wurde 1839 in Paris angemeldet) und zu 150 Jahren Stereoskopie wird der Studia-Verlag nun ein weiteres Werk von Pechtl veröffentlichen. Dieses widmet sich der frühen Fotografie im alpinen Raum bis 1914. „Das Schwierige war, aus der Fülle ein Konzept zu machen und die einzelnen Kapitel zu erarbeiten. Die Gesamtkomposition ist sehr intuitiv erfolgt, weil man sonst an den Charme dieses damals neuen Mediums nicht herankommt“, beschreibt Pechtl seine neueste Schöpfung. Das 304-seitige Werk wird voraussichtlich im Mai erscheinen und gibt mit rund 270 Fotografien einen äußerst bildreichen Einblick in die Welt der Fotografie.
Persönlichkeiten wie den Pitztaler Wanderfotografinnen und Geschwistern Letsch widmet sich Pechtl in seinem neuesten Werk ebenso wie jenen Bauernbuben, die in der Fotografie ihre Chance erkannten. Sie machten sich die Technik zu eigen, wie es der Pitztaler Josef Schöpf tat. Er hinterließ zahlreiche wertvolle Bilddokumente über den frühen Alpinismus. Davon sind einige in Pechtls Buch veröffentlicht.
„Die Fotografiegeschichte hat bei uns nicht den Stellenwert wie zum Beispiel in Frankreich, wo alte Ortsansichten teuer sind“, zeigt sich Pechtl darüber schockiert, dass allein im Bezirk Imst Zigtausende Glasnegative und ganze Nachlässe von Fotografen aus Desinteresse an der Geschichte vernichtet wurden.
„Wenn man frühe Fotografien von Ischgl oder Sölden zu Gesicht bekommt, dann ist man eigenartig berührt, dass sich diese Gegenden so entwickeln konnten. Die alten Fotografien haben für die heutige Zeit auch deshalb so große Bedeutung, weil sie die Veränderungen sichtbar machen“, erklärt der Buchautor. Andererseits würde man heute international nach der Überschwemmung mit Selfies und Handyboom wieder zu dieser „beruhigten Form“ der Fotografie zurückkommen, zeigt sich Pechtl überzeugt.
„Die ausführliche Betrachtung eines Gegenstandes und die Darstellung als Unikat kommen wieder in Mode, um vom Digitalwahn wegzukommen.“ Nächsten Freitag diskutiert Pechtl übrigens auf Einladung der Ötztaler Museen ab 19 Uhr gemeinsam mit dem Leiter des Innsbrucker Stadtarchivs Lukas Morscher und dem Fotografen Ewald Schmidt über Aspekte der Fotografie einst und heute.