Ausländische IS-Kämpfer - Abgeschoben an die Justiz im Irak?
Bagdad (APA/AFP) - Sie zogen los in den Jihad und landeten im juristischen Niemandsland: Hunderte ausländische Jihadisten sitzen derzeit in ...
Bagdad (APA/AFP) - Sie zogen los in den Jihad und landeten im juristischen Niemandsland: Hunderte ausländische Jihadisten sitzen derzeit in Syrien in Gefangenschaft, weil sie für die IS-Miliz gekämpft haben sollen. Ihre Lage ist schwierig. Ein Prozess im Kriegsland Syrien ist keine Option, und die meisten Heimatländer scheuen sich, die unliebsamen Jihadisten nach Hause zu holen, weil sie als Sicherheitsrisiko gelten.
Ein Ausweg wäre es, die Kämpfer der Jihadistenmiliz „Islamischer Staat“ (IS) der Justiz in Syriens Nachbarland Irak zu überlassen. Solche Fälle soll es bereits mehrfach gegeben haben. Angehörige und Menschenrechtler warnen aber, dass sie dort keinen fairen Prozess erhielten. „Im Irak drohen ihnen Folter und ungerechte Verfahren“, sagt die Menschenrechtsexpertin Belkis Wille von Human Rights Watch (HRW).
Viele ausländische Jihadisten werden in Syrien von der kurdisch-arabischen Allianz festgehalten, die dort seit Jahren gegen die IS-Miliz kämpft und von den USA unterstützt wird. Kürzlich warnten die Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF), dass sie nach einem Abzug der US-Truppen womöglich ihre Gefangenen nicht länger festhalten könnten. Die USA riefen daraufhin alle Länder auf, ihre Staatsbürger nach Hause zu holen, um ihnen dort den Prozess zu machen. Die Bereitschaft dazu ist jedoch gering.
Eine Option, über die diskutiert wird, ist eine Überstellung der Jihadisten an den Irak. Milde können die Betroffenen dort allerdings nicht erwarten: Der Irak hat bereits Hunderte ausländische IS-Mitglieder in Schnellverfahren verurteilt, darunter etwa hundert zum Tode.
Trotz der Bedenken gibt es laut Human Rights Watch Hinweise, dass mindestens fünf ausländische IS-Kämpfer von US-Truppen in den Irak gebracht wurden, darunter ein Australier und ein Libanese, die zum Tode verurteilt wurden. Während dieses Vorgehen in europäischen Gerichten als Entführung eingestuft werden könnte, hat die irakische Justiz keine Einwände dagegen.
Nach irakischem Recht ist es möglich, Jihadisten zu verurteilen, selbst wenn sie nicht im Irak gekämpft haben, sagt der irakische Jihadismus-Experte Hisham al-Hashemi. Für eine Verurteilung reiche es, wenn sie über den Irak nach Syrien gereist seien. Auf dieser Grundlage könnten Hunderte ausländische IS-Mitglieder aus Syrien verurteilt werden, sagt Hashemi, der ein guter Kenner der irakischen Sicherheitspolitik ist.
Von der irakischen Justiz oder Regierung ist dazu nichts zu hören, doch laut Hashemi wurde auf höchster Ebene bereits eine geheime Vereinbarung in diesem Sinne getroffen. Auf diese Weise vermieden die Heimatländer die unpopuläre Entscheidung, unliebsame Jihadisten nach Hause zu holen, sagt Hashemi. Der Irak erhielte im Gegenzug „ultramoderne Waffen und wichtige militärische Ausrüstung“ - ein Geschäft auf Gegenseitigkeit.
~ WEB http://www.hrw.org/ ~ APA353 2019-02-14/14:24