Internationale Pressestimmen zur Ausrufung des Notstands durch Trump
Washington (APA/dpa/AFP) - Zur Ausrufung eines Nationalen Notstands durch US-Präsident Donald Trump schreiben die Zeitungen am Samstag:...
Washington (APA/dpa/AFP) - Zur Ausrufung eines Nationalen Notstands durch US-Präsident Donald Trump schreiben die Zeitungen am Samstag:
„de Volkskrant“ (Amsterdam):
„Nun bleibt abzuwarten, wie die Demokraten reagieren. Die Abgeordnete Alexandria Ocasio-Cortez kündigte am Freitag bereits an, eine Resolution einzubringen, die den Notstand für ungültig erklärt. Wenn sie dafür im Abgeordnetenhaus eine Mehrheit bekommt, muss allerdings auch noch der Senat darüber abstimmen. Damit kämen Republikaner in eine schwierige Situation: Stellen sie sich loyal hinter Trump oder folgen sie ihrer eigenen Auffassung, dass eine Mauer entlang der Grenze nicht nötig ist?“
„Tages-Anzeiger“ (Zürich):
„Jetzt greift der Präsident einfach selbst in die Kasse. Er umgeht den Kongress, um sich mehrere Milliarden Dollar für den Bau einer Mauer zu beschaffen, von der er in manchen Tweets behauptet, sie sei so gut wie fertig gebaut. Die gefährliche Krise an der Grenze, mit der er diesen Machtmissbrauch rechtfertigt, musste er zuvor erfinden. So sieht es aus, wenn Donald Trump Politik macht. (...)
Donald Trump ist mit seinem endlosen Drama, seiner Spalterei und Angeberei weit gekommen. Das Versprechen, eine Mauer zu bauen, war ein Grund, warum er Präsident geworden ist. Aber die Kongresswahl im vergangenen November, bei der die Republikaner das Abgeordnetenhaus verloren haben, hat gezeigt, dass diese Strategie Grenzen hat. Auch im Kampf mit dem Kongress um die Mauer ist Trump nun unterlegen. Es mag sein, dass all das keine Folgen haben wird im nächsten Jahr, wenn Trump selbst zur Wiederwahl steht. Aber vielleicht - nur vielleicht - erlebt man gerade den Anfang vom Ende der Präsidentschaft Donald Trumps.“
„Die Welt“ (Berlin):
„Wird Donald Trump in die Geschichte eingehen als der Präsident, der einen Verfassungsbruch begeht? Die Frage ist berechtigt, nicht weil er den nationalen Notstand ausruft - das haben Präsidenten vor ihm auch schon getan -, sondern weil der Herr im Weißen Haus nur einen Gott kennt: sich selbst. Zunächst müssen wohl Gerichte prüfen, ob an der Grenze zu Mexiko tatsächlich Notstand herrscht. Sollten die Richter zum Ergebnis kommen, dass dort kein Notstand herrscht, und Trump fegt trotzdem die Verfassung vom Tisch, dann würde die Macht der Institutionen und die der seit Jahrhunderten gefestigten Zivilgesellschaft greifen. Donald Trump mag der sein, für den ihn viele halten. Die amerikanische Demokratie ist stark genug, auch ihm zu widerstehen.“
„Frankfurter Allgemeine“:
„Dass die republikanische Fraktionsführung die Notstandsdeklaration stützen und damit ihre eigene Entbeinung absegnen will, verblüfft nicht. Das von Trump eingeleitete obskure Autozollverfahren wird juristisch ebenfalls mit einer nationalen Bedrohung für Amerikas Verteidigungsbereitschaft begründet. Lächerlich ist das, es geht vor allem um Lieferungen langjähriger treuer Bündnispartner. Die Notstandspolitik zeigt eine beunruhigende Machtverschiebung und Züge autoritärer Regime. Trumps Vorgänger Obama trägt allerdings Mitschuld: Er hat seine Zuständigkeit überdehnt mit seiner Politik der Präsidenten-Dekrete und damit die Büchse der Pandora geöffnet. (...)
Dennoch ist Trumps Schritt mehr als die Fortsetzung eines bösen Spiels, in dem sich Präsidenten zu Gesetzgebern aufschwingen und Verfassungsbruch zum kalkulierten Risiko wird. Mit dem Rückgriff auf das Notstandsrecht höhlt Trump das Vertrauen in sein Amt und in die Streitkräfte aus. Die Amerikaner müssen darauf vertrauen können, dass ihr Präsident in akuter Not im nationalen Interesse handelt. Dieses Vertrauen verspielt Trump, wenn er auf eine latente, abgeflaute ‚Notlage‘ an der Grenze zu Mexiko reagiert wie George W. Bush auf den Angriff vom 11. September 2001. Zudem instrumentalisiert Trump das Militär. Schon im Kongresswahlkampf mussten sie an der Grenze Präsenz zeigen. Wer so vorgeht und wer das zulässt, schafft selbst einen Notstand - in der amerikanischen Demokratie.“