„Arzt“ als Autor - Bela Bs herrlich kurioser Roman „Scharnow“
Wien (APA) - Ein bisschen hat man bei der Lektüre von „Scharnow“ das (alles andere als schlechte) Gefühl, in einen überlangen Song von Die Ä...
Wien (APA) - Ein bisschen hat man bei der Lektüre von „Scharnow“ das (alles andere als schlechte) Gefühl, in einen überlangen Song von Die Ärzte geraten zu sein. In dem heute, Montag, erscheinenden ersten Roman von Bela B Felsenheimer, Drummer der besagten Berliner Band, tut sich allerhand Kurioses, und es wimmelt nur so vor schrägen Figuren. Der 56-jährige Künstler erweist sich dabei als wunderbarer Erzähler.
In welche Genre-Schublade soll man „Scharnow“ einreihen? Ist es eine Sozialsatire? Ein Krimi? Science-Fiction? Oder eine Groteske? Von allem ein bisschen steckt in diesem unterhaltsamen Buch, mit dem Felsenheimer seinen eigenen Ton getroffen hat. Die Handlung lässt schmunzeln, billige Schenkelklopfer sind nicht das Ding von Bela B (wie er sich als Musiker nennt). Dass man manchmal trotzdem laut auflacht, liegt an gut gestreuten Pointen.
In Scharnow, einem (fiktiven) Dorf nördlich von Berlin, gehen seltsame Dinge vor sich: Verschwörungstheoretiker haben es auf Haustiere abgesehen, die angeblich die Welt lenken, ein fliegender Mann sorgt für Aufsehen, eine Bande Betrunkener überfällt nackt einen Supermarkt und ein Buch tötet, um nur ein paar der rätselhaften Vorgänge zu nennen. Unter die Protagonisten reihen sich Pornodarsteller, schwule Eichhörnchen, Waffennarren, überforderte Polizisten und ein stinkender Gülle-Millionär. Und Rex Gildo ist omnipräsent.
Felsenheimer lässt eine Schar an Figuren auflaufen und verknüpft deren Schicksal schlüssig wie überraschend. Viele liebevolle Details laufen zusammen und ergeben einen originellen Roman zwischen Realität und Traumwelt. Man muss kein Fan des Musikers oder von Die Ärzte sein, um mit der Lektüre zurecht zu kommen. Aber für Insider gibt es ein paar nette Querverweise auf den Kosmos des Bela B. Der Verfasser selbst liest übrigens das Hörbuch - ungekürzt über 525 Minuten.
(S E R V I C E - Bela B Felsenheimer: „Scharnow“, Heyne Verlag, 416 Seiten, 20,60 Euro, Lesungen am 1. April, 18 und 21 Uhr, im Wiener Rabenhof.)