Unklare Mehrheitsverhältnisse nach Parlamentswahl in Republik Moldau

Chisinau (APA) - Die Parlamentswahl in der Republik Moldau hat am Sonntag nicht für klare politische Verhältnisse gesorgt. Die pro-russische...

Chisinau (APA) - Die Parlamentswahl in der Republik Moldau hat am Sonntag nicht für klare politische Verhältnisse gesorgt. Die pro-russischen Sozialisten (PDRM) um Präsident Igor Dodon wurden zwar stärkste Kraft, verdanken dies aber der Spaltung des pro-europäischen Lagers. Beobachter erwarten nun möglicherweise sogar ein monatelanges Gerangel um die Mehrheit.

Die Sozialisten (PDRM) setzten sich nach Auszählung fast aller Stimmen mit 31,40 Prozent an die Spitze. Das proeuropäische Wahlbündnis ACUM („Jetzt“) kam überraschenderweise auf 26,12 Prozent und überholte damit nach Stimmen die Noch-Regierungspartei PDM des Oligarchen Vlad Plahotniuc. Dieser könnte aber trotz der Wahlniederlage als lachender Dritter aus dem Rennen hervorgehen.

Die PDM konnte nämlich viele Direktmandate sammeln und kommt so auf 31 der 101 Sitze, nur um drei weniger als die siegreichen Sozialisten (34). Die proeuropäische Opposition ACUM kam auf Anhieb auf 24 Mandate. Die Kleinpartei „Shor“ des gleichnamigen Oligarchen fuhr 8,47 Prozent der Stimmen und sieben Mandate ein. Dafür scheiterten gleich zwei frühere Regierungsparteien krachend an der Parlamentshürde: Weder die Kommunisten noch die Liberalen werden in der neuen Legislative der früheren Sowjetrepublik vertreten sein.

Die graue Eminenz des Landes, Plahotniuc, ließ in der Wahlnacht keinen Zweifel an seinen Ambitionen auf die Führungsrolle in der künftigen Regierung. In einer ersten Reaktion sagte er, dass er mit allen Parlamentsparteien Verhandlungen beginnen wolle. Allerdings dürfte das bestenfalls mit den Sozialisten und der „Shor“-Partei möglich sein, da das prowestliche Wahlbündnis ACUM bereits vor der Wahl klargestellt hatte, für keinerlei Koalition mit den korruptionsumwitterten Demokraten oder den russlandfreundlichen Sozialisten zur Verfügung zu stehen.

In einer Schnellanalyse für das Nachrichtenportal „contributors.ro“ wertete der rumänische Moldau- und Russland-Experte Armand Gosu die moldauischen Sozialisten als „große Verlierer“ dieser Wahl. De facto habe ihnen die „Shor“-Partei, die bloß ein weiteres „Anhängsel“ Plahotniucs sei, „8,47 Prozent der Stimmen weggeknabbert“, erläuterte Gosu.

Im anstehenden Mehrheitsgerangel zeichnen sich für den rumänischen Politologen zurzeit drei Szenarien ab: Zum einen könnte Plahotniuc Abgeordnete anderer Parteien „einkaufen“, um auf eine einfache Mehrheit zu kommen und beim Staatspräsidenten den Auftrag zur Regierungsbildung einzufordern; zum anderen könnte er sich mit Igor Dodons Sozialisten auf eine Große Koalition einigen. Drittens seien gescheiterte Verhandlungen und damit Neuwahlen im Sommer durchaus denkbar, möglicherweise zeitgleich mit der Kommunalwahl, so Gosu.

Gewählt wurde nach einem neuen, gemischten Wahlsystem, durch das erstmals 50 der insgesamt 101 Abgeordneten auf Parteilisten und die restlichen 51 direkt in Wahlkreisen gewählt wurden. Die Wahlbeteiligung lag bei 49,08 Prozent und erwies sich damit als die geringste seit 1994. 3,27 Millionen Menschen waren zur Wahl aufgerufen.

Am Wahltag gab es mehrere Berichte über Manipulationsversuche. So warfen sich beide Seiten vor, es seien aus der von Russland kontrollierten abtrünnigen Konfliktregion Transnistrien viele Wähler für die Stimmabgabe bezahlt worden. Auch Wahlbeobachter sprachen von einem sichtbaren Andrang an den Urnen. Moldauer aus Transnistrien seien mit Bussen über die Demarkationslinie gefahren worden. Einige der „Touristen“ hätten freimütig eingeräumt, „20 Dollar“ dafür erhalten zu haben, berichtete die moldauische Presse.

ACUM-Spitzenvertreterin Maia Sandu bezeichnete die Wahl denn auch als die „undemokratischste in der Geschichte des Landes“ - sie sei „weder frei noch korrekt“ gewesen. Sandu kündigte an, dass ihr Bündnis die Wahlergebnisse zweier östlicher Wahlkreise nicht anerkennen werde. Infolge der Wahlbetrugsvorwürfe des proeuropäischen Lagers erklärten die Sozialisten, dass die Wahlergebnisse der beiden besagten Wahlkreise erst nach „gründlicher Prüfung der Vorfälle“ anerkannt werden sollen.