Wissenschaft zur Verbrechensaufklärung: In Realität anders als im TV
Wien (APA) - Serien wie CSI, Navy CIS, Cold Case etc. haben das Thema der Verbrechensaufklärung geprägt und in den Köpfen der Bevölkerung, a...
Wien (APA) - Serien wie CSI, Navy CIS, Cold Case etc. haben das Thema der Verbrechensaufklärung geprägt und in den Köpfen der Bevölkerung, aber auch von Polizei und Juristen ein falsches Bild verankert. Doch das sei „in der Realität ganz anders“, so Experten Montagabend bei einem vom Bildungsministerium veranstalteten „Science Talk“ zum Thema „Wissenschaft im Dienst der Verbrechensaufklärung“ in Wien.
Ein Verbrechen aufzuklären dauert in der Realität etwas länger als eine 45-minütige TV-Folge - und eine Liebesgeschichte gehe sich meistens auch keine aus, erklärte Fabio Monticelli vom Interfakultären Fachbereich (IFFB) Gerichtsmedizin und Forensische Neuropsychiatrie der Universität Salzburg. Es gebe auch keinen Protagonisten, der die Rolle des Ermittlers übernimmt, an der Spurensuche aktiv beteiligt ist und dem Gerichtsmediziner über die Schulter schaut, betonte Stefan Pittner, ebenfalls Uni Salzburg, der an einer Methode forscht, bei der Science-Fiction schon recht nahe an die Wirklichkeit kommt. Er untersucht Abbauprodukte von Muskelproteinen, um so auch noch nach Tagen den genauen Todeszeitpunkt feststellen zu können.
„Forensische Forschung fängt mit einer Problemstellung an, die aus einem Fall resultiert“, so Pittner. Daraus ziehe man Forschungshypothesen, die es zu überprüfen gelte. Bis eine neue Methode angewendet werden kann, muss sie - ähnlich wie ein Medikament im Zulassungsprozess - mehrere Validierungsstufen durchlaufen.
Alexander Bornik arbeitet am Ludwig Boltzmann Institut für Klinisch-Forensische Bildgebung, wo er sich mit der Auswertung von dreidimensionalen Daten, die im forensischen Kontext gewonnen werden, beschäftigt - beispielsweise Stichwunden bei einer Obduktion. „Viele der Methoden, die wir entwickeln, sind in einem sehr frühen Stadium“, erklärte Bornik. „Da gibt es noch keinen Standard, auf den man sich berufen kann.“ Man müsse also den nächsten Schritt wagen und die Technik in den Gerichtssaal lassen, quasi vor eine Art Feuerprobe stellen.
Andrea Raninger, Chemikerin und Leiterin der Abteilung Forensik und Technik im Bundeskriminalamt (BK), kennt das Ganze aus der Praxis. „Wir versuchen, Methoden, die die Wissenschafter uns bereitstellen, zu evaluieren, zu implementieren und auf ihre Praxistauglichkeit zu testen. Auf dem Gebiet haben wir in Österreich sehr gute Forschungsinstitute.“ Vorsichtig müsse man dennoch sein: „An einem Beweis hängen Menschenleben und Schicksale, damit darf man nicht leichtfertig umgehen.“
Mit Spannung würden neue wissenschaftliche Verfahren und Methoden erwartet - beispielsweise im Bereich genetische Analysen. „Biometrie, Genetik, DNA sind für uns zu einem wichtigen Werkzeug geworden. Es gibt praktisch kein größeres Gewaltverbrechen der letzten Jahre, wo nicht eine DNA-Spur wichtiger Teil der Ermittlungen war“, sagte Raninger. Dadurch habe sich auch das Denken der Polizei entsprechend verändert, immer mehr DNA-Spuren werden gesichert.
Mit solchen Spuren befasst sich Walther Parson vom Institut für Gerichtliche Medizin der Medizinischen Universität Innsbruck. DNA werde nicht mehr nur für Identifikationszwecke untersucht, sondern mittlerweile auch, um Vorhersagen zu treffen. Alter, Herkunft oder äußerlich sichtbare Merkmale festzustellen sei das Bestreben aktueller Forschungsarbeiten. Dennoch stecken diese Methoden noch in den Kinderschuhen, betonte Parson. Nach derzeitigem Stand der Forschung könne man per DNA-Analyse nur Stereotype darstellen - ob die Person dunkelhäutig oder weiß, männlich oder weiblich, die Augenfarbe dunkel oder hell ist. Gesichtsrekonstruktionen wie im Fernsehen entsprächen noch nicht der Realität. DNA sei viel zuverlässiger als ein Fingerabdruck - hundertprozentige Sicherheit biete sie jedoch keine.