EU-Parlament mit umfassendem Forderungskatalog gegen Steuerflucht
Brüssel (APA) - Das EU-Parlament hat mit breiter Mehrheit Konsequenzen aus den jüngsten Steuerskandalen gefordert. Der Steuer-Sonderausschus...
Brüssel (APA) - Das EU-Parlament hat mit breiter Mehrheit Konsequenzen aus den jüngsten Steuerskandalen gefordert. Der Steuer-Sonderausschuss hat am Mittwoch in Brüssel rund 200 Empfehlungen verabschiedet, darunter das Ende des Vetorechts von EU-Staaten, eine EU-Digitalsteuer, eine gemeinsame Bemessungsgrundlage für Unternehmenssteuern, die länderspezifische Steuerberichtspflicht und die Finanztransaktionssteuer.
Beschlossen wurde dies mit den Stimmen von EVP, Sozialdemokraten, Liberalen und Grünen. Für den Bericht stimmten 34 Abgeordnete, dagegen vier, drei enthielten sich der Stimme. Unter den EU-Finanzministern sind allerdings die meisten Dossiers wegen des Widerstands einzelner EU-Staaten blockiert. Insbesondere wollen sich die Mitgliedsstaaten nicht das Einspruchsrecht in Steuerfragen nehmen lassen.
Das EU-Parlament fordert auch ein Ende der sogenannten „goldenen Visa“, mittels derer EU-Staatsbürgerschaften oder Aufenthaltsgenehmigungen als Investitionsanreiz an Nicht-EU-Bürger vergeben werden. Die Abgeordneten werfen sieben EU-Ländern „aggressive Steuerplanung“ im Zusammenhang mit ausländischen Direktinvestitionen vor. Genannt werden Belgien, Zypern, Ungarn, Irland, Luxemburg, Malta und die Niederlande. „Goldene Visa sind ein Einfallstor für Geldwäsche, Steuerhinterziehung und organisierte Kriminalität. Der sauberste Weg wäre ein vollständiges Verbot solcher goldenen Visa“, sagte der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber.
„Es gibt eine hässliche Allianz zwischen EU-Gegner und Steueroasen, die gemeinsam den Kampf gegen die Steuerflucht multinationaler Firmen blockiert. Das Einstimmigkeitsprinzip in der Steuerpolitik führt dazu, dass die schwarzen Schafe Veto einlegen können, wenn es den Steuertricksern an den Kragen gehen soll“, kritisierte ÖVP-Delegationsleiter Othmar Karas.
Außerdem fordern die Abgeordneten strengere Regeln für Wirtschaftsprüfer, wie die SPÖ-Europaabgeordnete Evelyn Regner erklärte: „Mit einer Rotationspflicht von sieben Jahren wollen wir Transparenz in ihr System bringen, denn die Wirtschaftsprüfer sind oftmals die Handlanger der Steuertrickser. Wenn die Mitgliedstaaten das umsetzen, was wir auf den Tisch legen, käme das einer Revolution in der Europäischen Steuerpolitik gleich.“
Umstritten blieb die Forderung nach einem einheitlichen Mindeststeuersatz für Unternehmen. „Wir Sozialdemokraten fordern nach wie vor mindestens 18 Prozent, die Liberalen und Konservativen wollen das verhindern. Aber nur mit einem europaweiten Mindeststeuersatz können wir Steuerdumping abdrehen“, sagte Regner. Ferber kritisierte dies als „unrealistische Maximalforderungen. Mit dieser Politik riskieren sie auch, dass das Parlament als Ganzes in Steuerfragen nicht ernst genommen wird.“
Im März stimmt das EU-Parlament endgültig über den Bericht ab. Untersucht wurden in dem Sonderausschuss vor allem die Paradise Papers, aber auch der Cum-Ex-Skandal. Nach dem Willen der Abgeordneten soll ein permanenter Unterausschuss für Steuerfragen eingerichtet werden.