Anleitungen zu urbanem Ungehorsam
Öffentlicher Raum vs. Schutzzone Ausstellung: Leopold Kesslers Schau in der Neuen Galerie ist durchschaubar.
Innsbruck –Der öffentliche Raum ist das Betätigungsfeld von Leopold Kessler. Hier hatte er bereits – nicht genehmigt – Vogelhäuschen voller Schnaps aufgehängt („Birdhouses“, 2007), Zigarettenpäckchen an einen Zug von Budapest nach Wien geklebt und damit über die Grenze transportiert („Import“, 2006) oder als Straßenarbeiter verkleidet mit einer riesigen Lochzange Schusslöcher in Straßenschilder gestanzt („Perforation cal. 10 mm“, 2007).
Aber Kesslers Lausbubenstreiche haben durchaus subversiven Charakter: Es geht um die Aneignung des Öffentlichen; und darum, wie weit ein Einzelner mit dem kollektiven Gut gehen kann.
Auch in der gestern in der Innsbrucker Neuen Galerie eröffneten Ausstellung „food track“ liefert Leopold Kessler Anleitungen zu urbanem Ungehorsam: etwa mit seiner Rekonstruktion eines Graffitto, dem ein Geldautomat – temporär – zum Opfer fiel. Diese Rückführung (das Graffitto war vorher da) sorgt für Verwirrung bei allen Bargeldlosen. Bald fliegt die Täuschung auf, die Rückführung wird rückgeführt. Was bleibt, ist das Video.
Zentral steht in der Ausstellung „food track“ Kesslers neues, dreiteiliges Projekt, in dem er von der Rolle des Kunden eines Essenslieferservice (Teil 1) in jene des Zulieferers schlüpft (Teil 2). Mit selbstgebastelter Box auf dem Rücken steigt Kessler ins System ein, holt in Restaurants ungefragt Essen ab, liefert aber höchstens in den eigenen Mund. Im dritten Teil spinnt er das System fiktiv weiter: Der Zulieferer wird überfallen, ein Kampf ums Grundrecht Essen beginnt. Ein überraschender Zug, denn inszeniert wird bei Kessler selten. Stark sind die Interventionen im natürlichen Umfeld, im geschützten Kontext Ausstellung ist die Sprengkraft weg – und die Schau dementsprechend einfach durchschaubar. (bunt)