Koalition peitscht Karfreitags-Regelung unter Kritik durchs Parlament

Wien (APA) - Die türkis-blaue Koalition hat sich am Mittwoch daran gemacht, die schwer unter Beschuss stehende Karfreitags-Neuregelung im Ei...

Wien (APA) - Die türkis-blaue Koalition hat sich am Mittwoch daran gemacht, die schwer unter Beschuss stehende Karfreitags-Neuregelung im Eiltempo abzusegnen. Für den Abend stand der Beschluss der Streichung des Karfreitags als Feiertag am Nationalrats-Programm, begleitet von scharfer Kritik von Opposition, AK und Gewerkschaft. Der ÖGB prüft rechtliche Schritte, Arbeitsrechtler halten diese für aussichtsreich.

Gleich in der Früh, noch vor der Nationalratssitzung, verteidigte die Regierungsspitze die am Vortag präsentierte Lösung. Sowohl Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) als auch Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) betonten nach der Ministerrats-Sitzung, dass keiner der 13 Feiertage in Österreich gestrichen werde. Für 96 Prozent der Österreicher ändert sich nichts, sagte Kurz mit Blick darauf, dass nur die Protestanten um ihren freien Tag umfallen. Dies lasse sich aber begründen, denn es sei nicht fair, dass eine Gruppe mehr Feiertage habe als eine andere.

Strache verwies auf die Verantwortung der Arbeiterkammer, die einen Atheisten mit seiner Klage vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) unterstützt hatte, „weil man das den Protestanten kollektivvertraglich neidig war“. Das entsprechende EuGH-Urteil hatte die Neuregelung ja erst überhaupt notwendig gemacht. Mit der „Aufwertung“ eines Urlaubstages als einseitiges Recht für Arbeitnehmer können sich nun Protestanten etwa am Karfreitag freinehmen, betonte Strache. Der Regierungs-Plan sieht ja vor, dass sich jeder Arbeitnehmer an einem von Türkis-Blau als „persönlichen Feiertag“ propagierten Tag Urlaub nehmen kann. Mehr Urlaubstage gibt es dafür freilich nicht, man muss auf sein bestehendes Urlaubs-Kontingent zugreifen.

Arbeitnehmervertreter wie auch Opposition liefen auch am Mittwoch Sturm gegen das Vorhaben. Arbeiterkammer-Präsidentin Renate Anderl sprach von einem „Tabubruch“ und einem „Kniefall vor der Wirtschaft“; die Regierung gönne „den Evangelischen, Methodisten und Altkatholiken ihren wichtigsten Feiertag nicht mehr“, sagte sie.

Der Gewerkschaftsbund (ÖGB) prüft nun rechtliche Schritte: „Beim ersten Darüberschauen gehe ich davon aus, dass diese Regelung nicht halten wird und anfechtbar ist“ - etwa verfassungs- oder europarechtlich, sagte der Leitende Sekretär Bernhard Achitz.

Dass juristische Schritte Erfolg haben könnten, davon gehen auch Arbeitsrechtler aus. „Das wird zu Rechtsstreitigkeiten führen“, sagte etwa der Arbeitsrechtler Franz Marhold von der Wiener Wirtschaftsuniversität mit Blick auf den geplanten Eingriff in den Generalkollektivvertrag zum Karfreitag. „Nach meiner Sicht ist durch die gesetzliche Änderung nicht viel gewonnen, weil der Generalkollektivvertrag trotz des Eingreifens des Gesetzgebers unverändert weiter gilt.“

Marhold verwies auf Beispiele aus der Türkei und Deutschland: Sowohl der Europäische Gerichtshof als auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hätten ähnliche Pläne in diesen beiden Ländern verurteilt. Zwar gesteht Marhold der Regierung zu, dass die Sonderregelungen in den Kollektivverträgen geändert werden müssen. Vorgenommen werden müsste dies aber von den Kollektivvertragspartnern - also von Gewerkschaft und Wirtschaftskammer. Erst wenn die Sozialpartner scheitern, sei ein Gesetz zulässig.

Für verfassungswidrig hält auch der Arbeitsrechtler Walter Pfeil von der Universität Salzburg den „relativ unverfrorenen“ Eingriff in die (General)Kollektivverträge. Außerdem weist er die Behauptung der Regierung zurück, dass damit nur die Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) umgesetzt würden. Die Streichung des Feiertags am Karfreitag sei keine Vorgabe des EuGH, sondern „politischer Wille“. Denn es hätte auch andere Möglichkeiten gegeben, die Ungleichbehandlung zwischen Protestanten und anderen Arbeitnehmern beim Karfreitag zu beseitigen: „Es hätten auch alle freibekommen können.“

Im Parlament sorgte die für den Abend erwartete Abstimmung über den entsprechenden Abänderungsantrag bereits am Vormittag für Unmut. Der stellvertretende SPÖ-Klubchef Jörg Leichtfried entrüstete sich darüber, dass der Gesetzesantrag gerade einmal wenige Minuten vor Mitternacht übermittelt worden sei - und damit später als von der Koalition zugesagt. ÖVP und FPÖ verwiesen auf die Gespräche mit den Religionsgemeinschaften, wegen derer es länger gedauert habe.

Harsche Kritik äußerte am Mittwoch für die protestantische Kirche Kärntens Superintendent Manfred Sauer: „Den Evangelischen wird ein Feiertag weggenommen. Das ist ein inakzeptabler Vorschlag, wir sind um unseren Karfreitag betrogen worden.“ Er sei „empört und geschockt“ und hoffe, dass sich die Evangelischen zu weiteren, gemeinsamen Protesten entschließen und auch rechtliche Schritte ergreifen. „Verwundert“ zeigte er sich über die Stellungnahme von Bischof Michael Bünker, der am Dienstag von einer „positive Lösung mit Wermutstropfen“ gesprochen hatte.

Keine Änderung sehen die Regierungspläne für den jüdischen Feiertag Jom Kippur vor. Kurz sagte dazu, dafür gebe es keinen gesetzlichen Feiertag, dieser sei im Kollektivvertrag geregelt. Der Arbeitsrechtler Pfeil ortet hier aber „dasselbe Problem wie mit dem Karfreitag“: „Es könnte schon heute eine Klage eines nicht-jüdischen Arbeitnehmers kommen.“