Doping-Razzia: ÖSV bei Heim-WM wie 2006 in Turin in „Schockstarre“

Seefeld/Innsbruck (APA) - Teile des österreichischen Langlauf-Teams sind wie schon bei den Olympischen Spielen 2006 und 2014 in einen Doping...

Seefeld/Innsbruck (APA) - Teile des österreichischen Langlauf-Teams sind wie schon bei den Olympischen Spielen 2006 und 2014 in einen Dopingskandal verwickelt. Dominik Baldauf und Max Hauke sind am Mittwoch unter Verdacht auf Eigenblutdoping vom Bundeskriminalamt (BK) festgenommen worden. Betroffen ist aber nicht nur das Duo, heimische und deutsche Behörden haben ein internationales Netzwerk ausgeforscht.

Im Zuge der koordinierten Aktion mit dem Namen „Operation Aderlass“ wurden insgesamt 16 Hausdurchsuchungen durchgeführt und neun Personen festgenommen, teilte das BK am Mittwoch mit. Für alle Beteiligten gilt die Unschuldsvermutung. Unter den Festgenommenen befinden sich neben Hauke und Baldauf auch ein deutscher Sportmediziner als mutmaßliches Mitglied einer kriminellen Gruppierung sowie ein kasachischer und zwei estnische Spitzensportler.

Der auch schon bei der folgenschweren Polizeirazzia bei Olympia 2006 in Turin und beim Dopingfall Johannes Dürr 2014 in Sotschi amtierende ÖSV-Langlaufchef Markus Gandler zeigte sich tief betroffen. „Das ist ein harter Schlag für den Langlauf im allgemeinen. Ich stehe unter Schockstarre“, sagte der Tiroler. Aussagen von Dürr vor einigen Wochen in einer TV-Dokumentation über Blutdopingpraktiken sind laut der Münchner Staatsanwaltschaft ein Mitauslöser für die aktuellen Ermittlungen gewesen.

Gandler gab an, dass ihm bis dato nie etwas im Zusammenhang mit Dopingvergehen bei Baldauf und Hauke aufgefallen war. Man könne sie aber nicht ständig überwachen. „Das sind freie Leute, sie haben genügend Freizeit, um so einen Blödsinn zu machen.“ Über Details der Ermittlungen und der Vorwürfe habe er keine Kenntnis, ergänzte Gandler.

Sein ehemaliger WM-Goldstaffelkollege Alois Stadlober war ebenfalls erschüttert. „Dümmer geht es nicht mehr, und tiefer kann man gar nicht mehr fallen. Ich glaube, wir waren mit dem österreichischen Langlauf schon tief, dann sind wir noch tiefer gefallen, und ich weiß gar nicht, wie tief es noch hinuntergeht“, sagte Stadlober, dessen Kinder Teresa und Luis an der WM teilnehmen.

Die mutmaßlichen Vergehen von Baldauf und Hauke seien „nicht nachvollziehbar, man kennt die betroffenen Sportler. Sie wissen, was auf einen einstürzt, was auf einen Johannes Dürr eingestürzt ist, was der alles verloren hat.“

Gandler gab an, dass er und der Rest des Teams völlig unvorbereitet von der Causa getroffen worden seien. „Es steht jeder unter Schock. Ich hoffe, dass es mehr erwischt, nicht nur den ein oder anderen, sondern auch die Drahtzieher.“

Der mutmaßliche Kopf des kriminellen Dopingnetzwerkes ist ein Sportmediziner aus Erfurt, der sich mit einem Komplizen ebenfalls unter den Festgenommenen befindet. Im Nachbarland fanden ebenfalls mehrere Hausdurchsuchungen statt.

Die Behörden ermitteln seit mehreren Monaten „wegen des Verdachts des gewerbsmäßigen Sportbetruges sowie der Anwendung von unerlaubten Wirkstoffen und Methoden zu Dopingzwecken“. Die Gruppierung in Erfurt sei dringend verdächtig, „seit Jahren Blutdoping an Spitzensportlern durchzuführen, um deren Leistung bei nationalen und internationalen Wettkämpfen zu steigern und dadurch illegale Einkünfte zu lukrieren“, hieß es weiter.

In Österreich hatte es bereits bei der Biathlon-WM 2017 in Hochfilzen und beim dortigen Weltcup 2018 behördliche Aktionen gegen die Teams aus Kasachstan und Russland gegeben.

Die aktuellen Polizeiaktionen fanden auf Anordnungen der Schwerpunktstaatsanwaltschaft München und Staatsanwaltschaft statt. Über Hintergründe und Details wollten die Behörden bei einer Pressekonferenz um 15.00 Uhr in Innsbruck informieren.

(Grafik 0256-19, Format 88 x 114 mm)