Recep Tayyip Erdogan träumt vom Posten des Bezirksvorstehers

Ankara (AFP) - Recep Tayyip Erdogan hat hochfliegende Pläne: Er will Muhtar werden - eine Art Dorf- oder Bezirksvorsteher - im Städtchen Göl...

Ankara (AFP) - Recep Tayyip Erdogan hat hochfliegende Pläne: Er will Muhtar werden - eine Art Dorf- oder Bezirksvorsteher - im Städtchen Gölcük bei Istanbul. In der Türkei werden die parteilosen Muhtars für fünf Jahre gewählt und üben in ihren Dörfern und Vierteln vielerlei Verwaltungsaufgaben aus. Noch ist etwas Zeit bis zur Kommunalwahl am 31. März, doch Erdogans Wahlkampf ist bereits in vollem Schwung.

Dabei profitiert er nicht zuletzt von seinem Namen - denn der 20-Jährige heißt genauso wie der türkische Staatschef.

„Unser Präsident ist beliebt und wurde mit 52,6 Prozent der Stimmen gewählt. Natürlich sehe ich eine höhere Wahrscheinlichkeit, dass seine Anhänger für mich stimmen“, sagt der junge Erdogan. „Da ich mit diesem Namen geboren wurde, ist mein Schicksal quasi vorherbestimmt.“ Für ihn sei der Präsident ein „Vorbild“ in der Art, wie er zur Welt spreche und sich an das Volk wende, sagt der Kandidat in dem Städtchen am Marmara-Meer.

Sein Vater habe ihm den Namen gegeben, da der islamisch-konservative Politiker sein „Idol“ gewesen sei, erzählt der junge Mann in seinem Büro. Der damalige Bürgermeister von Istanbul war 1998 inhaftiert worden, weil er ein Gedicht vorgetragen hatte, das von der säkularen Justiz als religiös gewertet wurde. Nach seiner Verurteilung schrieben einige Zeitungen, er könne nun nicht mal mehr Muhtar werden. Doch sie irrten sich.

Für den heutigen Präsidenten, der gerne über seine einfache Herkunft und die Hürden spricht, die er auf dem Weg an die Staatsspitze überwinden musste, haben die Muhtars als Vertreter des einfachen Volks eine besondere Bedeutung bewahrt. Regelmäßig lädt er hunderte der überwiegend männlichen Dorf- und Bezirksvorsteher in seinen Palast in Ankara, um vor ihnen feurige Reden zu halten, in denen er oft die alten Eliten und den Westen angreift.

Für den jungen Erdogan ist die Namensgleichheit zum Präsidenten aber nicht nur ein Vorteil. „Zuerst denken die Leute, ich scherze, und wollen meinen Ausweis sehen“, sagt er. In den sozialen Medien gebe es zudem Vorwürfe, er sei ein Hochstapler.

Auch bei einer Reise nach Deutschland sei sein Name jüngst nicht so gut aufgenommen worden. „Sie mögen den Namen nicht. Es ist eine weltweite Marke“, sagt der junge Recep Tayyip Erdogan.

Im Wahlkampf wird er beraten von seinem Zwillingsbruder Talha, der ihm aufs Haar gleicht. „Es gibt gewiss keinen Neid zwischen uns, ich unterstütze ihn immer“, sagt Talha. „Wir sind immer zusammen, wir sind Brüder.“

Gesichert ist die Wahl von Recep Tayyip am 31. März nicht, da es zwei Gegenkandidaten gibt, doch für den 20-Jährigen ist Muhtar nur ein erster Schritt. „Warum soll ich nicht Präsident werden, um meinem Land zu dienen?“, fragt er. Sein Namensvetter habe es ja auch geschafft.