Doping-Razzia: Gandler für Ausschluss von Ländern ohne Doping-Gesetz
Seefeld (APA) - Die Wunden im österreichischen Langlauf-Sport sind nach dem Doping-Skandal in Seefeld erneut aufgerissen und sogar vergrößer...
Seefeld (APA) - Die Wunden im österreichischen Langlauf-Sport sind nach dem Doping-Skandal in Seefeld erneut aufgerissen und sogar vergrößert worden. Als eine der Konsequenzen muss Markus Gandler, Langzeit-Funktionär im ÖSV und verantwortlich für Langlauf und Biathlon, spätestens mit Saisonende sein Amt zurücklegen. ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel möchte die Sparte komplett umbauen.
Im Ö1-Interview zeigte Gandler am Donnerstag Verständnis, hatte sich aber selbst nichts vorzuwerfen. Dies tat hingegen Hajo Seppelt, ARD-Journalist und Doping-Aufdecker, der u.a. auch die letzten Enthüllungen mit einer Dokumentation mit vorangetrieben hat. „Es wäre schön, wenn in Österreich die Leute mal richtig hingucken würden und wenn einige Österreicher einmal anfangen würden, darüber nachzudenken, was sie tun“, meinte Seppelt gegenüber dem ORF und griff den ÖSV auch an. „Vielleicht sollte man nicht ganz so viel feiern, sondern mal ein bisschen mehr nachdenken über die Hintergründe von Spitzensport. Wer jetzt immer noch sagt, das sind ja EINZELNE schwarze Schafe, der lenkt von einem systemischen, strukturellen Problem des Hochleistungssports ab“, sprach der Deutsche Klartext.
Auch wenn viele Experten meinen, dass man Leistungssteigerungen doch im engeren Umfeld und als Trainer bemerken müsse, so verteidigte sich Gandler im Ö1-“Morgenjournal“. „Es ist unmöglich, die Athleten 24 Stunden zu kontrollieren. Das ganze Sportsystem basiert auch auf einer gewissen Vertrauensbasis. Zu sagen, wir wissen, was die Athleten tun, wenn wir selber mit dem Alltag im Sport beschäftigt sind: Ob das der Servicemann ist, der Physiotherapeut, die Medienmitarbeiter, der Trainer, dann hat man von dieser Materie keine Ahnung.“
Und extreme Leistungssteigerungen habe es nicht gegeben. „Was soll ich bemerken, die Leistung? Ein sechster Platz im Teamsprint oder ein gerade geschafftes Finale? Was soll ein Merkmal sein, wenn jemand betrügt? Wenn Sie verheiratet sind, wissen Sie was jetzt gerade ihre Frau macht?“, erklärte der Tiroler, einst selbst Staffel-Weltmeister bei der Heim-WM 1999 in Ramsau. „Natürlich habe ich nichts bemerkt. Aber es wird sich jetzt jeder diese Wahrheit zurechtrücken und sagen, der Gandler weiß nicht, was er redet. Ich weiß sehr wohl, was ich getan habe. Ich kann für mich selber sprechen.“
Schon seit 2006 habe man eine klare Struktur geschaffen. „Durch diese Vorkommnisse in Turin gibt es in Österreich ein Anti-Doping-Gesetz, das kaum ein anderes Sportland hat. Warum geht das IOC nicht her und schließt alle Länder aus, die kein Anti-Doping-Gesetz haben?“, fragte Gandler. Doping sei kein österreichisches Problem, sondern ein weltweites Problem. „Wir in Österreich haben jeden aus dem Verband ausgeschlossen, der betrogen hat. Wir sind geprügelt worden, weil wir den Johannes Dürr ausgeschlossen haben. Dann hat man ihn wieder ins Team nehmen müssen, weil er es rechtlich erwirkt hat. Sagen Sie mir bitte noch eine Maßnahme, die wir unternehmen können, außer wir legen den Sportlern Fußfesseln an - ich wüsste es nicht.“
Dass sich der ÖSV nun von ihm trennen will, - Gandler hatte nach fast 16 Jahren in dieser Position schon wenige Tage vor dem neuesten Doping-Fall ohnehin Rücktrittsgedanken in den Raum gestellt -, sieht der 52-Jährige gelassen. „Natürlich habe ich Verständnis dafür. Ich habe nur mir selber nichts vorzuwerfen. Ich habe in dieser Zeit, wo es diese Probleme gegeben hat, gemeinsam mit dem ÖSV versucht, diese Sache zu bereinigen, zu verbessern, junge Athleten zu schulen. Wir haben Anti-Doping-Kurse im Internet und, und, und gemacht. Es ist mir nicht gelungen, und dann ist es Zeit zu gehen, keine Frage. Man braucht immer jemand, an dem man sich abputzt, das ist die politische Verantwortung, das haben Politiker zu tragen, und da sehe ich mich auch.“
Sich vorwerfen lassen, dass er nicht alles getan hätte oder weggeschaut hätte, dies könne er von sich weisen. „Ich wüsste nicht, was ich noch hätte mehr tun können. Wenn es wer anderer besser macht, bitte gern. Der Sport ist zu schön, als dass er komplett untergehen müsste“, betonte Gandler.