UNO-Experten: Hinweise auf „Kriegsverbrechen“ Israels an Gaza-Grenze
Genf (APA/AFP/dpa) - Eine Untersuchung im Auftrag des UNO-Menschenrechtsrats sieht Hinweise auf „Kriegsverbrechen“ Israels gegen palästinens...
Genf (APA/AFP/dpa) - Eine Untersuchung im Auftrag des UNO-Menschenrechtsrats sieht Hinweise auf „Kriegsverbrechen“ Israels gegen palästinensische Zivilisten im Gazastreifen. Das Vorgehen israelischer Soldaten gegen Demonstranten im vergangenen Jahr im Grenzgebiet könnte in einigen Fällen auf „Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit hinauslaufen“, heißt es in einem am Donnerstag vorgelegten Bericht.
Israel müsse diese Menschenrechtsverletzungen umgehend untersuchen, erklärte der Vorsitzende der unabhängigen UNO-Untersuchungskommission, Santiago Canton. Israel wies die Befunde umgehend als „feindselig und voreingenommen“ zurück.
Der Tatbestand des Kriegsverbrechens betreffe Fälle, in denen israelische Scharfschützen gezielt auf Journalisten, Sanitäter, Kinder und Behinderte geschossen hätten, die „klar als solche erkennbar“ gewesen seien, erklärte Canton. Es gebe hinreichenden Grund zu der Annahme, dass die Soldaten Palästinenser erschossen oder durch Schüsse verletzt hätten, „die weder direkt an Feindseligkeiten beteiligt waren noch eine unmittelbare Bedrohung darstellten“.
Zweifellos hätten Israels Soldaten bei den Einsätzen gegen palästinensische Zivilisten „das humanitäre Völkerrecht und die Menschenrechte verletzt“, resümierten die Experten. Im Untersuchungszeitraum vom 30. März 2018 bis Jahresende seien „mehr als 6.000 unbewaffnete Demonstranten“ von den Kugeln israelischer Scharfschützen getroffen worden. Insgesamt gab es an der Gaza-Grenze nach palästinensischen Angaben mehr als 250 Tote.
Israels Außenminister Israel Katz wies die Befunde der Kommission empört zurück. „Keine Institution kann Israel das Recht auf Selbstverteidigung absprechen“, erklärte Katz. Israel habe die „Pflicht, seine Bürger und Grenzen vor gewaltsamen Angriffen zu schützen“.
Die Untersuchungskommission erklärte in ihrem Bericht, dass bei den palästinensischen Demonstrationen „einige erhebliche Gewaltakte“ begangen worden seien. Dabei habe es sich aber „nicht um Kampfhandlungen oder einen Militäreinsatz“ gehandelt. Es seien vielmehr zivile Demonstrationen „mit klar erkennbaren politischen Zielen“ gewesen. Die Demonstranten fordern eine Aufhebung der seit mehr als einem Jahrzehnt bestehenden Gaza-Blockade sowie eine Rückkehr palästinensischer Flüchtlinge in Gebiete, die heute zu Israel gehören.
Die Kundgebungen hatten im vergangenen Jahr fast wöchentlich an der Grenze zwischen dem palästinensischen Gazastreifen und Israel stattgefunden. Die Kommission stützte ihre Befunde nach eigenen Angaben auf die Befragung von 325 Opfern und Augenzeugen, auf die Auswertung von etwa 8.000 Dokumenten-Seiten und auf die Sichtung von Ton- und Bildaufnahmen. Israel habe wiederholte Bitten der Kommission um den Zugang zu Informationen nicht beantwortet.
Israel hat dem UNO-Menschenrechtsrat wiederholt anti-israelische Voreingenommenheit unterstellt. Die USA zogen sich inzwischen ganz aus dem Gremium zurück - auch aus Protest gegen dessen Haltung gegenüber Israel.
Vor mehr als zehn Jahren verhängte Israel eine Blockade über den Gaza-Streifen, die von Ägypten mitgetragen wird. Beide Staaten begründen die Blockade mit Sicherheitsinteressen. Die in dem Küstenstreifen herrschende Hamas wird von der EU, Israel und den USA als Terrororganisation eingestuft. Im Gazastreifen leben rund zwei Millionen Menschen unter schwierigen Bedingungen. Es mangelt unter anderem an Trinkwasser und Strom.
~ WEB http://www.ohchr.org/ ~ APA260 2019-02-28/12:22