„Kuratorenrolle infrage stellen“: Projekträume der Wiener Kunstszene
Wien (APA) - Rund 60 unabhängige Projekträume gibt es aktuell in Wien. Diese größtenteils von den Künstlern selbst betriebenen Ausstellungsv...
Wien (APA) - Rund 60 unabhängige Projekträume gibt es aktuell in Wien. Diese größtenteils von den Künstlern selbst betriebenen Ausstellungsvenues zeigen nicht nur, was sich künstlerisch gerade so tut. Sie bieten den Künstlern auch die Möglichkeiten, sich auszuprobieren. Zwölf davon sind aktuell Bestandteil der Ausstellung „Über das Neue“ im Belvedere 21. Nachfolgend drei ausgewählte Porträts:
VE.SCH - Bereits seit 2008 gibt es den Kunstraum Ve.Sch, der auch eine Bar inkludiert. Wurde zunächst eine äußerst intensive Taktung mit zweimal wöchentlich wechselnden Ausstellungen gewählt, hat man sich nach einer Auszeit in den Jahren 2016 und 2017 zu einer Neuaufstellung entschieden. Der aktuell von Ludwig Kittinger, Thea Moeller und Martin Vesely betriebene Kunstverein hat mittlerweile vor den Toren der Stadt, genauer gesagt in einer Lagerhalle in Kaltenleutgeben sein Zuhause gefunden. „Uns ist der große Ausstellungsraum sehr wichtig“, erklärt Moeller. „Es soll ein institutionelles Gefühl entstehen, dabei aber trotzdem experimentell bleiben.“ Kuratiert wird, wie bei den meisten Vertretern, aus einer „künstlerischen Praxis“ heraus. Förderungen erhält Ve.Sch sowohl vom Bundeskanzleramt wie auch vom Land Niederösterreich. „Es ist wichtig, dass möglichst viele Räume unterstützt werden“, so Moeller. Gerade hier hätten junge Künstler die Möglichkeit, „sich zu zeigen, etwas auszuprobieren. Hier passiert unglaublich viel, auch wenn es vielleicht nur eine gewisse Szene bewusst wahrnimmt.“ (Weitere Infos unter www.vesch.org)
NEW JÖRG - Seit 2013 findet man in der Jägerstraße den Kunstraum New Jörg, der von Axel Koschier und Bernhard Rasinger gegründet wurde. Als Teil eines Gemeinschaftsstudios werden in erster Linie Einzelpräsentationen veranstaltet. „Die Motivation besteht sicherlich darin, jene Leute, mit denen man auch regelmäßig zu tun hat, in einer Ausstellung zu sehen“, so Koschier. „Es gibt ja nicht wirklich viele organisierte Kunstvereine.“ In dieser Hinsicht decke man auch eine Lücke ab. „Deshalb ist diese Subkulturszene wohl auch überhaupt notwendig. Es gibt eine synchrone Anstrengung, bestimmte Positionen sichtbar zu machen.“ Eine Besonderheit sind die Publikationen und Editionen, die es bei New Jörg gibt und die dem Team um Koschier sowie Stefan Reiterer ein Anliegen sind. „Wir bezahlen auch Künstlerhonorare, was nicht selbstverständlich ist“, sagt Reiterer. „Nur weil wir selber gratis arbeiten, ist das ja noch lange nicht okay“, stimmt ihm Koschier zu mit Verweis auf die prekären Arbeitsbedingungen vieler Künstler. Unterstützung erhält New Jörg von Bundeskanzleramt, Stadt und Bezirk - ein Sponsoring komme hingegen nicht infrage. „Ich will kein Kunsthändler sein“, betont Koschier. „Es ist kein Fokus der Show, in irgendeiner Form vermarktbar zu sein.“ (Weitere Infos unter http://newjoerg.at)
GOMO - Noch recht jung ist der Kunstraum GOMO, der von Nicoleta Auersperg, Maria Grün, Mara Novak und Dorothea Trappel betrieben wird. „Uns gibt es seit 2017, erst kürzlich sind wir umgezogen“, so Novak über die nun am Volkertplatz aufzufindenden Räumlichkeiten. Ihre Motivation war der Wunsch nach dem Studium, „nicht den Anschluss zu verlieren und sich auszutauschen“. Es sei nicht zuletzt auch ein Perspektivenwechsel, wenn man als Künstlerin plötzlich in der Position einer Kuratorin sei. „Wir wollen die Kuratorenrolle auch infrage stellen“, unterstreicht Trappel. „Wir sehen uns natürlich stark als Künstlerinnen. Aber es hat auch mit Empowerment zu tun, sich eigenständig auf die Beine zu stellen.“ Honorare zahlen auch sie ihren Künstlern. „Es gibt ein Umdenken, dass man als Künstler extrem viel und hart arbeitet“, so Trappel. „Das muss auch honoriert werden.“ Bei Festivals und anderen Institutionen sehe es da oft nicht so gut aus. Die unabhängige Szene sei mittlerweile aber nicht nur sehr aktiv, sondern auch gut vernetzt - etwa durch den Independent Space Index (www.independentspaceindex.at), inklusive regelmäßiger Treffen. „Es tut sich gerade irrsinnig viel in Wien“, zeigt sich Trappel optimistisch. (Weitere Infos unter http://gomoartspace.com)