„Aufbruch“: Ein wortkarges Drama um zwei Unglückliche
Wien (APA) - Mit Veränderungen geht oft eine ungewisse Zukunft einher. So stehen auch die beiden Protagonisten in „Aufbruch“ - nachdem sie M...
Wien (APA) - Mit Veränderungen geht oft eine ungewisse Zukunft einher. So stehen auch die beiden Protagonisten in „Aufbruch“ - nachdem sie Menschen, von denen sie enttäuscht wurden, verlassen haben - an einem Wendepunkt. Wohin ihre Reise geht, damit beschäftigt sich österreichische Regisseur Ludwig Wüst, dem heuer bei der Diagonale ein Tribute gewidmet ist, in seinem neuen Film. Ab Freitag im Kino.
Ein jeweils einseitiges Telefongespräch ist der letzte Kontakt zu den verlassenen Personen. Danach sind die beiden namenlosen Protagonisten, ein Mann (Ludwig Wüst) und eine Frau (Claudia Martini) in fortgeschrittenem Alter, allein. Schließlich treffen sie auf einer Landstraße aufeinander, beschließen dann in beinahe wortlosem Einverständnis, einen Teil ihres Lebensweges gemeinsam zu gehen. In einem skurrilen, gelben Auto mit drei Rädern erleben die beiden einen Trip zu Orten ihrer Vergangenheit, es geht um verpasste Chancen und abrupte Zäsuren. Die Trauer, teils aber auch eine zum Titel passende Aufbruchsstimmung ist ihnen ins Gesicht geschrieben.
Verlassen wirken nicht nur die beiden Hauptcharaktere, sondern auch die Kulisse. Leere Landschaften, leere Häuser, leere Verkehrswege und ein trüber Himmel zeichnen ein Bild der Einsamkeit. Genauso roh wirken die gezeigten Handlungen. Die Szenen sind lang, der Film schreitet nur langsam fort. Über Minuten hinweg sind die Protagonisten beim Tischlern eines Kreuzes, beim Essen von Äpfeln, beim Bemalen von Wänden zu sehen. Der Film weiß vor allem mit diesen Bildern zu begeistern.
Wüst stellt detailreiche, hübsche Szenen aus teils weiter Entfernung und oftmals ungewöhnlichen Blickwinkeln her. Diese haben durchaus Witz: In Erinnerung bleibt etwa das Bild der beiden von vorne aufgenommenen Protagonisten, die nebeneinander in ihrem merkwürdigen Gefährt sitzen, während der Mann mit stoischem Blick hinter einem Strauß Blumen hervorblickt.
Ist der 103-minütige „Aufbruch“ ein Film der großen Bilder, so fehlen ihm im Gegenzug die Worte. Nur wenige Sätze sprechen Mann und Frau während ihrer gemeinsamen Zeit miteinander; das ist schade. Denn obwohl die beiden Darsteller ihre Charaktere durchaus echt wirken lassen, drängt sich der Eindruck auf, dass etwas mehr Dialog nicht geschadet hätte, um diese und damit den gesamten Film interessanter zu gestalten und einige Hintergründe zu erklären, die sich aus der Handlung nicht erschließen.
Nur Millimeter liegen schließlich zwischen Langsamkeit und Langeweile - das zeigt der Film leider deutlich auf. Wirkt die Szene, in der die von Martini dargestellte Frau minutenlang auf einer beschmierten Parkbank sitzt, dabei trinkt und russische Gedichte liest, zu Anfang noch kreativ und originell, so hat ein Film, der ausschließlich aus solchen Szenen besteht, doch gewaltige Längen.
(S E R V I C E - www.aufbruch-film.net)