Internationale Pressestimmen zum USA-Nordkorea-Gipfeltreffen in Hanoi

Hanoi (APA/dpa) - Internationale Pressekommentare befassen sich am Freitag mit dem Treffen von US-Präsident Donald Trump und dem nordkoreani...

Hanoi (APA/dpa) - Internationale Pressekommentare befassen sich am Freitag mit dem Treffen von US-Präsident Donald Trump und dem nordkoreanischen Machthaber Kim Jong-un in der vietnamesischen Hauptstadt Hanoi und den Folgen. Die „Neue Zürcher Zeitung“ schreibt:

„Trump, der sich so gerne als großer ‚Dealmaker‘ präsentiert, muss es wurmen, dass er nichts vorzuzeigen hat. In Singapur präsentierte er noch mit geschwellter Brust ein Papier, das seine und die Unterschrift Kims trug. Doch er erntete massive Kritik dafür, dass der Inhalt vage war und Nordkorea keine ernsthaften Konzessionen gemacht hatte. Er konnte es sich kein zweites Mal leisten, als zu nachgiebig zu erscheinen. (...)

Dass er sich auf Augenhöhe mit dem amerikanischen Präsidenten treffen kann, mag zwar Kims Ego schmeicheln. Doch der kritischen Lage der Wirtschaft seines Landes hilft das nichts. Dafür müssten die Sanktionen aufgehoben oder zumindest gelockert werden. Dies geht, so viel hat er aus den beiden Gipfeln gelernt, nur über zähe Verhandlungen. Dass er dieses Ziel in Hanoi nicht erreicht hat, ändert an der Tatsache nichts.“

„Financial Times“ (London):

„Der Gipfel in Hanoi scheint daran gescheitert zu sein, dass Nordkorea eine vollständige Aufhebung der Wirtschaftssanktionen im Gegenzug für eine lediglich teilweise Denuklearisierung verlangte. Offensichtlich sollte daher in den kommenden Monaten erkundet werden, ob Verhandlungen zur einer teilweisen Denuklearisierung im Gegenzug zu einer teilweisen Aufhebung von Sanktionen führen können. Die von Präsident Moon Jae-in geführte Regierung Südkoreas würde das sicherlich begrüßen. Die Moon-Regierung möchte gern die Möglichkeiten für gemeinsame koreanische Projekte in den Bereichen Produktion, Tourismus und Handel ausloten. Die Förderung eines Prozesses der Reformen und der Öffnung in Nordkorea dürfte letztendlich die beste Hoffnung auf eine Reduzierung der Spannungen auf der Halbinsel und auf mehr Freiheit und Wohlstand für die unterdrückte und verarmte Bevölkerung im Norden sein.“

„De Standaard“ (Brüssel):

„In der Vergangenheit waren Gespräche zwischen Staatschefs die Krönung bereits geleisteter Arbeit. In der Trump-Ära ist es eine Gelegenheit, die ‚persönliche Chemie‘ zu messen, wie ‚The Donald‘ es ausdrückt. Für ihn, sein Umfeld und die konservative Presse wie Fox News ist dies keine Blamage, sondern ein Ausdruck von Durchsetzungsvermögen. Trump selbst wälzte sofort alle Schuld auf ‚frühere amerikanische Regierungen‘ ab. Strategisch gesehen ist der wahre Verlierer Kim Jong-un. Nach dem Treffen von Singapur hofften die Nordkoreaner, Trump hinzuhalten und weiterhin ihre eigenen Ziele verfolgen zu können. Die Strategie bestand darin, Trump PR-Erfolge zu gönnen und in der Zwischenzeit das amerikanische Team der technischen Verhandlungsführer ins Abseits zu stellen.“

„Kommersant“ (Moskau):

„Das unrühmliche Ende der Verhandlungen mit dem nordkoreanischen Anführer Kim Jong-un hat US-Präsident Donald Trump ratlos zurückgelassen - und allem Anschein nach ohne klaren Plan, wie es weitergeht. Beide Seiten machen sich gegenseitig für den Misserfolg verantwortlich. Washington meinte, dass der nordkoreanische Machthaber gefordert habe, alle Sanktionen aufzuheben für ein paar Zugeständnisse hinsichtlich seines Atomprogramms. Pjöngjang wiederum beteuert, dass es nur eine allmähliche Aufhebung der Sanktionen verlangt habe, damit die Bevölkerung besser leben könne, aber die USA am Ende dafür zu viel wollten. Jetzt kann erst einmal für die nächste Zeit nicht von einer Denuklearisierung die Rede sein: Der Verhandlungsprozess ist eingefroren - und beide Seiten sollten eine neue Strategie finden, damit er wieder in Gang kommt.“

„de Volkskrant“ (Amsterdam):

„Die beiden sind in gutem Einvernehmen auseinandergegangen. Auf niedrigerem diplomatischen Niveau werden Gespräche fortgesetzt. Daher gibt es durchaus Grund für Optimismus. Allein schon durch die Tatsache, dass überhaupt von einer Beziehung die Rede ist. Zwar kann niemand genau sagen kann, was Kim Jong-un antreibt, aber er scheint an der Aussicht auf mehr Möglichkeiten für den Handel interessiert zu sein, wie ihm das die wirtschaftlich blühenden ebenfalls kommunistischen Länder Vietnam und China vormachen. Dass er dafür mehr aufgeben muss als nur den Nuklearkomplex Yongbyon dürfte mit der Zeit klar werden. Aber Trump sollte ihm dann sehr wohl mit der Lockerung von Sanktionen entgegenkommen.“

„Aftenposten“ (Oslo):

„Die Gespräche zwischen Kim Jong-un und Donald Trump über nukleare Abrüstung und Frieden auf der koreanischen Halbinsel müssen ernst genommen werden. Sie können zu etwas führen, auch wenn das zweite Treffen am Mittwoch ohne Vereinbarung vorzeitig abgebrochen wurde. (...) Der Rückschlag ist ernst, aber vorerst scheint der Prozess weiterzugehen.(...) Die Frage ist im Grunde, ob Kim bereit ist, seine kommunistische Familiendynastie aufzugeben. Wenn er daran festhalten will, muss er auch Atomraketen haben. Wenn er seinem Volk Gutes will, muss er die notwendigen Schritte im Friedensprozess weitergehen.“