Psychotherapie: Rechnungshof kritisiert fehlenden Kassenvertrag

Wien (APA) - Der Rechnungshof kritisiert, dass die Sozialversicherung auch nach 27 Jahren keinen Gesamtvertrag für Psychotherapie abgeschlos...

Wien (APA) - Der Rechnungshof kritisiert, dass die Sozialversicherung auch nach 27 Jahren keinen Gesamtvertrag für Psychotherapie abgeschlossen hat. Während die Gebietskrankenkassen bei körperlichen Krankheiten einen Arztbesuch ohne Selbstbehalt bezahlen, ist das bei psychischen Erkrankungen nicht gesichert. Dabei weist der Rechnungshof darauf hin, dass die Folgekosten solcher Krankheiten stark steigen.

Die Ausgaben für Invaliditätspension und Rehabilitationsgeld aufgrund psychischer Erkrankungen sind dem Bericht zufolge zwischen 2007 und 2016 um 62 Prozent gestiegen, die psychisch bedingten Krankenstände um 94 Prozent. Die Mehrkosten für Krankheitsfolgen aufgrund psychischer Erkrankungen bewertete der Rechnungshof für das Jahr 2016 mit rund 300 Mio. Euro.

Dennoch fehlen laut Rechnungshof übergreifende Versorgungskonzepte für psychische Gesundheit, aber auch verlässliche Daten. So fehlen vollständige Daten zu Verbreitung, Ursachen und Folgen psychischer Erkrankungen. Und obwohl die Kassen 2016 216 Mio. Euro für Psychopharmaka ausgegeben haben (sieben Prozent der Heilmittelausgaben), haben sie keine vollständigen Informationen über deren Einsatz.

Auch einen Gesamtvertrag zwischen den Krankenkassen und den freiberuflichen Psychotherapeuten gibt es nicht, obwohl er vom Gesetzgeber schon 1992 angekündigt wurde, schreibt der Rechnungshof in seinem Bericht über die „Versorgung psychisch Erkrankter durch die Sozialversicherung“. Damit wäre einerseits eine begrenzte Anzahl von Therapeuten mit Kassenvertrag ausgestattet und könnte ohne Zusatzkosten aufgesucht werden. Andererseits würden beim Besuch von Wahltherapeuten - so wie bei Wahlärzten - 80 Prozent des Kassentarifs von der Sozialversicherung erstattet.

Tatsächlich haben die Kassen statt des Gesamtvertrages begrenzte Stundenkontingente bei sogenannten Versorgungsvereinen zugekauft. Und für Therapiestunden außerhalb dieses Kontingents leisten die Kassen zwar einen Zuschuss (bis zu 28 Euro pro Stunde) - der deckt die tatsächlichen Kosten allerdings bei Weitem nicht ab.

Kritik übt der Rechnungshof außerdem daran, dass in Salzburg und der Steiermark der Ausbau der Kinder- und Jugendpsychiatrie nicht plangemäß umgesetzt wurde. Diese beiden Bundesländer hatten die Prüfer genauer unter die Lupe genommen. Bei der Gelegenheit kritisiert der Rechnungshof auch, dass psychisch erkrankte Personen in der Steiermark häufig in Pflegeheimen untergebracht werden, obwohl sie lediglich in die niedrigen Pflegestufen eins bis drei fallen.