Test

Mein Cactus für Komfort und Humor

Emeraude-Blau und Weiß kleiden den C4 Cactus besonders gut. Die fesche Schnauze tragen alle Citroën, die stoßhemmenden Airpumps hat er vom ersten Cactus geerbt.
© Fellner Reinhard

Der neue Citroën C4 Cactus ist ein Original und ersetzt doch die zwei Vorgängermodelle seines Namens. Mit ihm leiten die Franzosen zudem die Komfortoffensive der Marke ein. Alte Stärken wecken Begeisterung.

Von Reinhard Fellner

Lans –Um sich heutzutage am Fahrzeugmarkt, insbesondere in der heiß umkämpften Kompaktklasse zu profilieren, bedarf es der technischen und charakterlichen Abgrenzung. Autos zum Verwechseln und Vergessen gibt es schließlich schon genug. Citroën hat das begriffen und sich über alle Modellreihen hinweg auf seine alte Stärke besonnen. Und die lautet: Komfort.

In Zeiten oft allzu sportlicher Auslegung von reinen Alltagsfahrzeugen eine wohltuende Konzernentscheidung. Der neue C4 Cactus machte damit nun mit der so genannten „Advanced Comfort“-Philosophie den Anfang. Und entstaubt gleichzeitig das Modellprogramm. So ließ Citroën den C4 auslaufen und entwickelte den neuen Cactus dafür mit mehr Hang zu Qualität – witzige Lösungen blieben aber. Optisch ist der Neue gelungen und bietet mit gerade 4,17 Metern Länge ein besonders parkplatzfreundliches Format. Vom Vorgänger geblieben sind nicht nur die charakteristische Form, sondern auch die Parkrempler vermeidenden Airpumps – wenn auch in kleinerer Form.

Einsteigen und Losfahren bringt dann die große Überraschung. So nimmt man auf einem couchähnlichen Gestühl Platz, das in dieser Klasse einzigartigen Komfort bietet. Eine ungewöhnliche Breite und ein Spezialpolsterschaum, der 15 Millimeter dicker ist als bislang, bringen Wohnzimmeratmosphäre ins Auto. Im Gegensatz zu früheren französischen Kuschelsitzen bleiben diese aber nun auch über längere Zeit formstabil. Auch so gleitet das Auge über gut gemachtes Design und einen schön hoch montierten Sieben-Zoll-Monitor, dessen Bedienung und Smartphone-Koppelung schon nach kurzer Zeit rätselfrei erfolgt.

Die Technik

Motor: Dreizylinder-Turbo-Benziner

Hubraum: 1199 ccm

Drehmoment: 205 Nm bei 1750 U/min

Leistung: 81 kW/110 PS

L/B/H: 4170/1714/1480 mm

Gewicht: 1116/1575 kg

Kofferraumvolumen: 358–1446 l

Tankinhalt: 50 l

Höchstgeschwindigkeit: 193 km/h

0–100 km/h: 10,3 Sekunden

Verbrauch: 6,2 l/100 Kilometer

Kraftübertragung: Frontantrieb

Preis: (Shine) 20.940 Euro

CO2-Emission: 106 g/km

Da Citroën mit dem Cactus auch den Humor und die Genialität einfacher Lösungen preist – und einpreist –, stört es nicht, dass am Display kein Drehzahlmesser aufscheint.

Auch erwies sich die Basismotorisierung des TT-Testwagens als Volltreffer. Der bekannte PSA-Dreizylinder-Benziner mit 110 PS (Euro-6d-Temp) geht nämlich ab wie die Feuerwehr und entlockt einem unter dezentem Geschnurre (gute Geräuschdämmung) öfters ein Lächeln.

Auch hier wirkt die Reduktion auf das Wesentliche. So wiegt der C4 Cactus bei voller Sicherheitsausstattung sensationelle 1116 Kilogramm und macht so Fahrleistungen und eine Wendigkeit möglich, für die andere wesentlich weitreichender in die Konzernregale greifen müssen. Auch ein Praxisverbrauch von 6,2 Litern ist da ein schöner Nebeneffekt.

Noch mehr als die quirlige Maschine begeistert beim neuem Cactus jedoch ein Federungskomfort, den Citroën so schon einmal geboten hat und der ihn heute klar von den allermeisten Mitbewerbern abhebt. Als Ersatz für die frühere Hydropneumatic hat Citroën unter Anmeldung von 20 Patenten ein Federsystem entwickelt, das Fahrbahnunebenheiten in zwei Phasen von den Insassen abhält. Bei leichteren Stößen bügeln Federn und Dämpfer dank langer Federwege und hydraulischer Anschläge Erschütterungen routiniert weg. Wird es am Boden gröber, nehmen die Anschläge Bewegungsenergie auf und führen sie ohne Rückfederungen ab. In der Praxis funktioniert das perfekt und stellt so manches sündhaft teure adaptive Fahrwerk von Oberklassefahrzeugen in Frage.

So wurde der neue Cactus zur Wellnessoase unter den Kompakten. Nur für Kinder hatte Citroën angesichts nur ausstellbarer hinterer Seitenscheiben kein Herz.

Das schlägt dafür beim Blick auf die Preise höher. Schon ab 14.990 Euro steigt man ein, für rund 20.000 Euro schwebt man vollausgestattet durchs Leben.