Faktencheck: Sind in Syrien alle IS-Gebiete zurückerobert?
Washington (APA/dpa) - US-Präsident Donald Trump hat in einer Ansprache vor US-Soldaten behauptet, dass alle Gebiete unter Kontrolle der Ter...
Washington (APA/dpa) - US-Präsident Donald Trump hat in einer Ansprache vor US-Soldaten behauptet, dass alle Gebiete unter Kontrolle der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) in Syrien zurückerobert worden seien.
AUSSAGE: „Das Gebiet, das Land, wir haben 100 Prozent“, sagte Donald Trump auf dem Rückflug aus Vietnam bei einer Zwischenlandung vor US-Soldaten in Alaska.
BEWERTUNG: Zweifelhaft
FAKTEN: Unmittelbar nach den Äußerungen Trumps gab es heftigen Widerspruch von Experten, die die Lage seit Beginn der Offensive gegen den IS beobachten und zum Teil auch selbst vor Ort sind.
Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit Sitz in Großbritannien, die ihre Informationen aus einem breiten Netzwerk an Aktivisten und Kämpfern in Syrien bezieht, teilte mit: „Was Trump sagt, stimmt nicht. Einige Höfe in Baghus werden noch von IS-Kämpfern gehalten und wir gehen davon aus, dass auch noch Zivilisten dort sind“, sagte der Leiter der Beobachtungsstelle, Rami Abdel-Rahman, der Deutschen Presse-Agentur.
CNN-Reporter Ben Wedeman schrieb auf Twitter: „Ich bin seit 28 Tagen in Syrien und berichte über die Offensive. Ich kann @realdonaldtrump versichern, dass das NICHT der Fall ist.“ In seiner Rede in Alaska ließ der US-Präsident offen, woher er seine Informationen bezieht.
Am 10. Februar hatten die von den USA unterstützten Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) eine Militäroffensive auf den letzten vom IS kontrollierten Ort in Syrien begonnen: Baghus liegt im Osten Syriens am Euphrat und in unmittelbarer Nähe zur Grenze des Iraks. Relativ schnell konnten die von den Kurden angeführten Truppen den IS auf ein kleines Gebiet zurückdrängen und umzingeln. Zahlreiche Zivilisten, Familienangehörige von IS-Kämpfern und auch IS-Kämpfer selbst wurden seitdem mit Lkw aus dem Gebiet abtransportiert und entweder in Lagern der Kurden untergebracht oder von diesen verhaftet.
Schon am 15. Februar, fünf Tage nach Beginn der massiven Offensive, hatte Trump erklärt, dass das Ende des „Kalifats“ in den kommenden 24 Stunden verkündet werde. Eine solche Erklärung blieb bisher aber aus.
Die SDF äußerten sich zunächst nicht zu Trumps Aussage. Wenn man etwas zu verkünden habe, werde man das rechtzeitig tun, erklärte ein Sprecher auf dpa-Anfrage. Zuvor veröffentlichten die SDF aber ein Video, in dem SDF-Kommandant Maslum Kobani erklärte, der Sieg über den IS solle in einer Woche verkündet werden. Allerdings war zunächst unklar, wann das Video aufgenommen wurde.
Auch eine Aussage des UN-Syrienbeauftragten Geir Pedersen lässt Zweifel an der Aussage des US-Präsidenten aufkommen: „Nichtsdestoweniger ist der Konflikt weit davon entfernt, zu Ende zu sein“, sagte Pedersen ebenfalls am Donnerstag im UN-Sicherheitsrat. „Der IS ist nahezu besiegt, was das Territorium betrifft. Aber die Erfahrung zeigt, er kann zurückkommen.“
Im Irak hatte die Regierung bereits im vergangenen Jahr den Sieg über die Jihadisten verkündet. Allerdings kommt es dort weiterhin zu Anschlägen, die der IS für sich reklamiert.