Kritik an Frauenrechtlerinnen-Prozessen in Saudi-Arabien

Riad (APA/AFP) - Menschenrechtsgruppen haben am Samstag die Entscheidung der saudiarabischen Behörden kritisiert, Frauenrechtlerinnen nach f...

Riad (APA/AFP) - Menschenrechtsgruppen haben am Samstag die Entscheidung der saudiarabischen Behörden kritisiert, Frauenrechtlerinnen nach fast einjähriger Inhaftierung ohne Anklage den Prozess zu machen. Die Staatsanwaltschaft hatte am Freitag mitgeteilt, die Ermittlungen seien abgeschlossen und die Verfahren an das Gericht verwiesen worden. Einige Inhaftierte erlitten Berichten zufolge bei Verhören Folter und sexuelle Gewalt.

Michael Page von der Organisation Human Rights Watch erklärte, die Behörden hätten „nichts unternommen“, um den schwerwiegenden Foltervorwürfen nachzugehen. Jetzt stünden nicht etwa Folterer vor Gericht, sondern Frauenrechtlerinnen. Amnesty International sprach von einem „schockierenden Anzeichen“ für ein verschärftes Vorgehen gegen Aktivisten und forderte die „sofortige Freilassung“ der gewaltlosen politischen Gefangenen.

Kurz vor der historischen Aufhebung des Fahrverbots für Frauen in dem ultrakonservativen Königreich waren im Mai 2018 mehr als ein Dutzend Menschenrechtsaktivisten festgenommen worden. Darunter waren vor allem Frauenrechtlerinnen, die lange gegen das Fahrverbot gekämpft hatten. Den meisten wurde Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Unterstützung von Staatsfeinden vorgeworfen. Einige wurden später wieder freigelassen.

Zu den immer noch inhaftierten Aktivisten gehören Asisa al-Yusef, eine emeritierte Professorin der König-Saud-Universität in Riad, und Lujain al-Hathlul. Sie saß 2014 mehr als 70 Tage im Gefängnis, weil sie versucht hatte, mit dem Auto aus den benachbarten Vereinigten Arabischen Emiraten nach Saudi-Arabien zu fahren. Hatlul wurde nach Angaben ihrer Familie und von Menschenrechtsgruppen gefoltert und sexuell angegriffen. Fotos einiger der Aktivisten waren nach ihrer Verhaftung auf den Titelseiten staatlich kontrollierter Zeitungen des Königreichs mit dem roten Aufdruck „Verräter“ erschienen.

Saudi-Arabiens starker Mann, Kronprinz Mohammed bin Salman, gilt als Betreiber der Aufhebung des Fahrverbots. Von einer Gleichberechtigung der Geschlechter ist das Land jedoch noch weit entfernt: So benötigen Frauen für Reisen, ein Studium oder die Ausübung bestimmter Berufe die Zustimmung ihres Vaters, Bruders, Mannes oder sogar Sohnes.

Der Thronfolger hat Reformen eingeleitet, um Saudi-Arabien zukunftsfähig zu machen. Dazu zählt auch eine stärkere Beteiligung von Frauen am Wirtschaftsleben. Viele Aktivisten kritisieren die Reformen jedoch als kosmetisch. Salman wird verdächtigt, die Ermordung des Journalisten Khashoggi im saudiarabischen Konsulat in Istanbul im vergangenen Oktober angeordnet zu haben.