Tierschützer-Prozess: Eine Chronologie

Wien (APA) - Der BVT-Untersuchungsausschuss widmet sich ab nächster Woche der Tierschützer-Affäre und der dazu von der Polizei eingesetzten ...

Wien (APA) - Der BVT-Untersuchungsausschuss widmet sich ab nächster Woche der Tierschützer-Affäre und der dazu von der Polizei eingesetzten „SOKO Bekleidung“. Die Sonderkommission ermittelte ab 2006 gegen Tierschutzaktivisten und erreichte eine Anklage wegen Bildung einer kriminellen Organisation. Der Prozess endete zwar mit Freisprüchen, brachte den Angeklagten aber lange U-Haft und Schulden. Eine Chronologie:

21. Mai 2008 - Hausdurchsuchungen bei Tierschützern in ganz Österreich. Zehn Personen kommen in Untersuchungshaft, darunter Martin Balluch, der Obmann des Vereins Gegen Tierfabriken (VGT) . Eine eigenes eingerichtete Sonderkommission („SOKO Bekleidung“) bezeichnet die Tierschützer als „kriminelle Organisation“. Der Vorwurf: „Brandstiftungen, Gasanschläge und andere schwere Sabotageakte“ gegen Modehändler, Landwirtschaft, Jäger und Lebensmittelkonzerne.

13. August 2008 - „Mangels Haftgründen“ wird ein Tierschützer aus der U-Haft entlassen.

2. September 2008 - Nach 104 Tagen werden auch die restlichen Aktivisten enthaftet - allerdings erst auf Weisung der Oberstaatsanwaltschaft Wien. Die sieht mehr als drei Monate U-Haft bei einer Strafdrohung von sechs Monaten bis fünf Jahren als nicht mehr vertretbar an.

11. August 2009 - Die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt stellt einen Strafantrag gegen zehn Tierschützer fertig. Sie sollen wegen Bildung einer kriminellen Organisation nach dem damaligen „Mafia-Paragrafen“ (278a Strafgesetzbuch) angeklagt werden.

1. Februar 2010 - Die Anklage wird ausgeweitet: Vor Gericht müssen nun 13 Aktivisten, sechs davon werden ausschließlich nach dem umstrittenen „Mafia-Paragrafen“ angeklagt, sieben weitere auch wegen konkreter Delikte wie Nötigung und Sachbeschädigung.

2. März 2010 - Der „Tierschützer-Prozess“ beginnt am Landesgericht Wiener Neustadt. Insgesamt folgen 88 Prozesstage.

18. November 2010 - Erst im laufenden Prozess wird bekannt, dass die Polizei auch eine verdeckte Ermittlerin („Danielle Durand“) im Verein gegen Tierfabriken (VGT) eingeschleust hatte.

2. Mai 2011 - Das Urteil ist eine Ohrfeige für Polizei und Staatsanwaltschaft: Die Beschuldigten werden von sämtlichen Vorwürfen freigesprochen, die Richterin übt harsche Kritik an der „Soko Bekleidung“. Ein Teil des Prozesses muss später wiederholt werden. Ende Mai 2014 endet aber auch der letzte Tierschützer-Prozess mit Freisprüchen.

5. Juni 2012 - Die Staatsanwaltschaft Wien stellt ein wegen Falschaussage laufendes Verfahren gegen den Chef der „Soko Bekleidung“, Erich Zwettler, ein.

20. Juli 2012 - VGT-Obmann Balluch zeigt Spitzenbeamte des BVT und des Wiener Landesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT) wegen übler Nachrede, Verleumdung und Amtsmissbrauchs an. Seine Begründung: Trotz des rechtskräftigen Freispruchs werden die Anschuldigungen im Verfassungsschutzbericht 2012 wiederholt.

6. Juli 2013 - Der Nationalrat saniert den im Tierschützer-Prozess in Verruf gekommenen „Mafia-Paragrafen“: verfolgt werden kann nur noch, wer sich durch kriminelle Handlungen in großem Umfang bereichern will - nicht jedoch wer damit „erheblichen Einfluss auf Politik und Wirtschaft“ anstrebt.

8. März 2018 - Das Oberlandesgericht Wien weist eine Schadenersatzklage Balluchs gegen die Republik zurück. Der Aktivist bleibt somit trotz des Freispruchs auf 600.000 Euro Verteidigungskosten sitzen.