Sicherungshaft: Türkis-Blau wirbt um die Opposition
Die Koalition legt die Eckpunkte für die Sicherungshaft vor. Ein Richter soll nachträglich prüfen. Die Opposition bleibt skeptisch.
Wien – Zumindest eine schriftliche Zusammenfassung der Koalitionspläne für eine Sicherungshaft für gefährliche Asylwerber liegt nun vor. Mit dieser sollen die Klubobleute von ÖVP und FPÖ versuchen, SPÖ oder NEOS für ihr Vorhaben zu gewinnen, berichteten Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vize Heinz-Christian Strache gestern nach dem Ministerrat. ÖVP und FPÖ brauchen die Zustimmung zumindest einer dieser Parteien, weil sie für ihr Vorhaben das Bundesverfassungsgesetz über den Schutz der persönlichen Freiheit ändern müssen. Ziel wäre, die Sicherungshaft noch vor dem Sommer zu beschließen.
Die Opposition freilich blieb skeptisch. NEOS-Obfrau Beate Meinl-Reisinger gab sich zwar grundsätzlich gesprächsbereit. Sie fordert als Voraussetzung für Verhandlungen aber die Vorlage eines Gesetzesentwurfs – der liegt aber noch nicht vor.
Für die SPÖ bekräftigte Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda die Forderung nach vollständiger Aufklärung des Dornbirner Anlassfalles. Aus Sicht der Koalition allerdings ist diese Bedingung bereits erfüllt. Man habe alles geprüft, betonte Innenminister Herbert Kickl (FPÖ): „Es gibt kein Behördenversagen.“
Justizminister Josef Moser (ÖVP) hatte sich im Vorfeld skeptisch geäußert. Gestern präsentierte er mit Kurz, Strache und Kickl die Pläne. Das Spannungsfeld zwischen der öffentlichen Sicherheit und dem Schutz des Einzelnen vor Willkür sieht er nach wie vor. Man sei aber „sehr vorsichtig“ vorgegangen und habe eine „Soft-Variante“ gewählt, sagt er nun.
Wie oft die neue Haft zur Anwendung kommen wird, konnten oder wollten die Regierungsspitzen gestern nicht einschätzen. Fest steht aber, dass sich für Moser mit der Sicherungshaft ein neues Problem auftun würde: Für die geplanten Haftprüfungen werde am Bundesverwaltungsgericht (BVwG) ein Journaldienst nötig sein, sagte er gestern. Das BVwG freilich stöhnt schon jetzt unter Personalknappheit. (sabl)
Koalitionsplan für die Sicherungshaft
Wer ist betroffen? Die Sicherungshaft soll über Asylwerber verhängt werden, die eine „tatsächliche gegenwärtige und hinreichend erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung oder für den Schutz der nationalen Sicherheit“ darstellen. Die Sicherheitsbedenken müssen also konkret sein. Wenn bereits der Verdacht einer Straftat besteht, bleibt die Untersuchungshaft.
Wer verhängt die Sicherungshaft? Die Festnahme erfolgt aufgrund eines Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl. Voraussetzung ist eine Einzelfallsprüfung. Die Maßnahme muss auch verhältnismäßig sein.
Gibt es Rechtsschutz? Binnen 48 Stunden muss ein Richter des Bundesverwaltungsgerichts angerufen werden. Die nächste Überprüfung findet nach zwei Wochen statt, inklusive Vorlage eines Vollzugsplans und begleitender Maßnahmen, etwa zur Deradikalisierung. Weitere Haftprüfungen sind einmal pro Monat geplant.
Wie lange darf die Sicherungshaft dauern? So kurz wie möglich, längstens aber sechs Monate. Dann sollte der Asylantrag der betroffenen Person bereits entschieden sein, hofft die Regierung. Nur in Ausnahmefällen soll eine Verlängerung möglich sein.