Heumarkt - Der Turmbau zu Wien macht erneut Pause
Wien (APA) - Vor dem nächsten Akt kommt wieder eine Pause: Über das Turmbauprojekt am Wiener Heumarkt wurde vom Rathaus eine zweijährige „Na...
Wien (APA) - Vor dem nächsten Akt kommt wieder eine Pause: Über das Turmbauprojekt am Wiener Heumarkt wurde vom Rathaus eine zweijährige „Nachdenkphase“ verhängt - nachdem das „International Council on Monuments and Sights“ (ICOMOS), das die UNESCO in Fragen des Welterbes berät, einen überaus kritischen Bericht veröffentlicht hat. Das Bauvorhaben nimmt damit nicht zum ersten Mal eine unfreiwillige Auszeit.
Auf den ersten Blick scheint es fast skurril: Ein 66 Meter hohes Gebäude - das im internationalen Vergleich wohl eher nicht als Hochhaus durchgehen würde - sorgt seit Jahren für aufgeregte Debatten. Dabei würde das Objekt sogar vom Ringturm, der es auf 71 Meter schafft, überragt werden. In der ersten Version wäre das Heumarkt-Haus auf immerhin 73 Meter gekommen. Zum Vergleich: Der aktuelle Wiener Spitzenreiter, der „DC-Tower 1“ auf der Donauplatte, misst 250 Meter.
Dass die Causa sich derart hochgeschaukelt hat, liegt daran, dass der Neubau das der Innenstadt zuerkannte Prädikat „Weltkulturerbe“ in Gefahr bringt - obwohl der Turm gar nicht im ersten, sondern im dritten Bezirk gebaut werden würde. Allerdings: Die außergewöhnliche, historische Stadt-Silhouette wurde bei der Aufnahme in die Welterbeliste eigens hervorgehoben. Zu deren Schutz wurde eine Art Pufferzone um den Stadtkern gezogen.
Der Wunsch, in Wien (nach Schönbrunn) noch eine Welterbestätte zu erhalten, gipfelte 2001 mit der Zuerkennung des Prädikats. Dass die UNESCO nun Stress macht, geschieht nicht aus Jux und Tollerei. Vielmehr ist es eine Muss-Bestimmung: Man sei vertraglich verpflichtet, dieses Stadtbild zu erhalten, sagte ICOMOS-Präsident Toshiyuki Kono kürzlich der APA. Rein rechtlich gibt es hier keinen Spielraum.
Und so musste die Stadt bereits einmal die Reißleine ziehen: Im Mai 2016 wurde dem Investors Michael Tojner (Wertinvest) von Planungsstadträtin Maria Vassilakou (Grüne) beschieden, dass es keine Flächenwidmung für die Variante mit 73 Metern geben wird. Im Dezember 2016 wurde dann die reduzierte Variante präsentiert - sowie den Neubau des Intercont-Hotels und ein Konzept für den Eislaufverein bzw. das Konzerthaus-Umfeld. Ein Managementplan zum Welterbe wurde ebenfalls in Aussicht gestellt.
Die UNESCO ließ aber bereits wenig später wissen, dass der Entwurf des Architekten Isay Weinfeld auch in der überarbeiteten Version nicht durchgeht. In einer Mitteilung wurde unmissverständlich darauf verwiesen, dass man stets mit offenen Karten gespielt hat: „Die UNESCO fordert seit 2012 die maximale Bauhöhe mit 43 Metern zu begrenzen.“ Prompt wurde die Innenstadt 2017 auf die Rote Liste der gefährdeten Welterbestätten gesetzt.
Die Flächenwidmung wurde trotz der Querelen beschlossen - was den Grünen übrigens eine veritable Zerreißprobe bescherte, da nicht wenige in der Öko-Partei das Projekt ablehnen. Die Debatten sind aber nicht verstummt. Und nach dem Regierungswechsel im Bund, der offiziell Vertragspartner der UNESCO ist, wurde der politische Druck auch von FPÖ und ÖVP stärker.
Auch die Frage, ob lebendige Stadtzentren geeignete Weltkulturerbezonen sind, wird weiter diskutiert. Der ehemalige Leiter des Architekturzentrums Wien (AzW), Dietmar Steiner, hielt etwa im APA-Gespräch fest: „Man braucht das eigentlich nicht.“ Auch das Beispiel Dresden wird gerne herangezogen - wo mit dem Bau einer Brücke ganz bewusst die (letztendlich erfolgte) Aberkennung des Prädikats für das Elbtal riskiert wurde.
Allerdings muss man für Beispiele nicht in die Ferne schweifen. Die Debatte um den Heumarkt spiegelt ziemlich exakt die Causa Wien-Mitte wider. Bis zu 97 Meter hätte dort, auf der Überplattung des Bahnhofes, in die Höhe gebaut werden sollen. 2003 wurde das Projekt gestoppt, die Türme deutlich geschrumpft.