Terrorakt oder Beziehungstat? Motivsuche nach Schüssen in Utrecht

Utrecht (APA/dpa) - Nach den tödlichen Schüssen in einer Straßenbahn in Utrecht gibt es weiter Rätselraten über das Motiv des Täters. Nach b...

Utrecht (APA/dpa) - Nach den tödlichen Schüssen in einer Straßenbahn in Utrecht gibt es weiter Rätselraten über das Motiv des Täters. Nach bisherigen Erkenntnissen könnte es sich um einen Terrorakt gehandelt haben, die Ermittler halten aber auch eine Beziehungstat für denkbar. Unterdessen gab es widersprüchliche Angaben von Utrechts Bürgermeister und der Polizei über zwei der Festgenommenen.

Nach Angaben der Polizei von Dienstagfrüh sind weiterhin drei Verdächtige in Gewahrsam. Die Polizei widersprach damit in einer Mitteilung auf Twitter Bürgermeister Jan van Zanen, der zuvor im Radio gesagt hatte, zwei Verdächtige seien freigelassen worden. Nur der Hauptverdächtige werde jetzt noch festgehalten. Die Polizei teilte dagegen mit, auch die beiden anderen Männer stünden noch unter Verdacht und seien weiter festgenommen. Die Stadtverwaltung entschuldigte sich inzwischen für das Missverständnis.

Der 37 Jahre alte Hauptverdächtige, der am Montagabend nach stundenlanger Fahndung gefasst worden war, sollte weiter vernommen werden. Der gebürtige Türke Gökmen T. soll in der Großstadt südlich von Amsterdam drei Menschen erschossen haben. Fünf weitere Fahrgäste wurden bei dem Angriff am Montag verletzt, drei von ihnen lebensgefährlich.

An diesem Dienstag wehen die Fahnen auf öffentlichen Gebäuden in den Niederlanden auf halbmast. Das niederländische Parlament in Den Haag will am Dienstag um 14 Uhr sowohl der Opfer von Utrecht als auch der des Terroranschlags in Christchurch gedenken. Ob es dann auch eine Debatte über die Schüsse in Utrecht gibt, wie vom Rechtspopulisten Geert Wilders gefordert, war noch unklar. Der Wahlkampf für die am Mittwoch anstehenden Provinzwahlen wurde indes wieder aufgenommen.

Ein Sprecher der Polizei Utrecht konnte zunächst noch nicht sagen, wann weitere Informationen zu den Motiven des Hauptverdächtigen veröffentlicht werden. In jedem Fall müsse er am Dienstag noch nicht dem Haftrichter vorgeführt werden. „Das kann in den Niederlanden mehrere Tage dauern“, sagte der Sprecher.

Gökmen T. war bei einer Wohnungsdurchsuchung in Utrecht festgenommen worden. Bei der Polizei war er bereits durch andere Delikte aus der Vergangenheit bekannt gewesen. „Wir wissen relativ viel über ihn“, sagte Rutker Jeuken vom Innenministerium. Medienberichten zufolge hat T. ein langes Vorstrafenregister, wurde demnach unter anderem wegen versuchten Mords verurteilt und stand zuletzt wegen eines Vergewaltigungsvorwurfs vor Gericht. Noch vor wenigen Wochen sei er in Haft gewesen, dann aber freigelassen worden, berichtete der Sender NOS.

Niederländische Zeitungen berichteten unter Berufung auf Menschen aus dem Umfeld des mutmaßlichen Täters, der in der Türkei geborene, aber in Utrecht aufgewachsene Mann gelte als aggressiver Krimineller.

Das Motiv für den Angriff in der Straßenbahn blieb zunächst weiter unklar. Jeuken sagte: „Im Augenblick denken wir, dass es ein terroristisches Motiv sein könnte, aber wir können auch anderes nicht ausschließen.

Am Tatort in Utrecht wurden am Vormittag Blumen niedergelegt. Ein Gymnasium in der Stadt will im Laufe des Tages des Vaters zweier Schüler gedenken, der zu den Opfern gehört.

In Österreich verurteilte am Montagabend Bundespräsident Alexander Van der Bellen den Anschlag auf „friedliche Menschen“ auf das Schärfste. „Unsere Solidarität gilt in diesen Stunden den Niederlanden. Meine Gedanken sind bei den Opfern und ihren Angehörigen“ twitterte er. Ähnlich äußerte sich auch Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP): „Wir stehen den Niederlanden in diesen schwierigen Stunden bei“, so Kurz via Twitter.