Kasachstans autoritärer Modernisierer
Astana (APA/AFP) - Nursultan Nasarbajew leitete die Geschicke Kasachstans bereits seit Sowjetzeiten. 1991 führte er das zentralasiatische La...
Astana (APA/AFP) - Nursultan Nasarbajew leitete die Geschicke Kasachstans bereits seit Sowjetzeiten. 1991 führte er das zentralasiatische Land als Präsident in die Unabhängigkeit, seitdem regierte er mit harter Hand. Nun kündigte der 78-Jährige überraschend seinen Rücktritt an - ganz zurückziehen wird er sich aber nicht.
Die politischen Verdienste des Langzeitpräsidenten sind umstritten. Die einen verdammen ihn als korrupten Diktator, der sich an den Ölschätzen seines Landes bereicherte, die anderen sehen in ihm den Vater des kasachischen Wirtschaftswunders.
Nasarbajew arbeitete als Metallarbeiter, bevor er in den 60-er und 70-er Jahren als Parteikader in der kommunistischen Partei aufstieg. 1984 wurde er Vorsitzender des Ministerrats der Sowjetrepublik Kasachstan, 1989 Parteichef und zugleich Mitglied des Politbüros der KPdSU. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion machte der Apparatschik wie viele führende Politiker der UdSSR eine rasche Wandlung durch, bekannte sich zum Kapitalismus und legte nach seiner Wahl zum Staatschef des unabhängigen Kasachstan 1991 ein umfangreiches marktwirtschaftliches Reformpaket auf.
Bis zur Wirtschaftskrise 2008 verzeichnete Kasachstan ein Jahrzehnt lang Wachstumsraten um die zehn Prozent. Nasarbajew sorgte für gute Beziehungen sowohl zu den Nachbarn China und Russland wie auch zu den USA. Er verteilte Förderlizenzen an Firmen der drei Staaten, sorgte aber mit ständigen Drohungen vor Strafzahlungen oder Enteignungen dafür, dass die Interessen seines Landes nicht zu kurz kamen.
Der Einbruch der Ölpreise 2014 traf das Land schwer. In den vergangenen Jahren nahm die Unzufriedenheit in der Bevölkerung zu. Im Februar sah sich Nasarbajew veranlasst, seine gesamte Regierung zu entlassen. Als Grund nannte er fehlende Fortschritte bei der wirtschaftlichen Entwicklung des Landes.
Im Verlauf seiner fast 30-jährigen Amtszeit zementierte Nasarbajew durch seinen autoritären Regierungsstil seinen Machtstatus. Er wurde mit überwältigenden Wahlergebnissen im Amt bestätigt. Bei der letzten Wahl vor vier Jahren erhielt er mehr als 97 Prozent der Stimmen. Nach Einschätzung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) entsprach aber keine dieser Wahlen demokratischen Standards.
Während sich Nasarbajew als Garant für Stabilität in Kasachstan betrachtete, warfen ihm seine Gegner die Unterdrückung jeglicher Opposition vor. Mehrere Regierungsgegner kamen unter ungeklärten Umständen ums Leben, andere wurden inhaftiert oder ins Exil geschickt. Mehrere regierungskritische Medien mussten den Betrieb einstellen. Anfang der 2000er-Jahre litt sein Image wegen eines Korruptionsskandals um Öl-Förderlizenzen.
Dem Personenkult um den Langzeitpräsidenten, dessen Konterfei in Kasachstan ohnehin allgegenwärtig ist, tat dies aber keinen Abbruch. Seit 2012 wird am 1. Dezember in Kasachstan der „Tag des Ersten Präsidenten“ gefeiert - in Erinnerung an Nasarbajews Amtsantritt 1991.
Bereits 2010 hatte er sich vom Parlament den Titel „Führer der Nation“ verleihen lassen. Damit erhielt er weitgehende Machtbefugnisse und Immunität auf Lebenszeit. Seit dem vergangenen Jahr ist Nasarbajew zudem Vorsitzender des staatlichen Sicherheitsrates auf Lebenszeit. Trotz seines angekündigten Rückzugs als Präsident wird er daher einen Teil seiner bisherigen Machtfülle behalten.