Vergangenheit mit Gegenwart verbinden: „Alles tanzt“ im Theatermuseum
Wien (APA) - „Alles tanzt.“ Was das Theatermuseum für die gemeinsam mit der Musik und Kunst Privatuniversität der Stadt Wien (MUK) realisier...
Wien (APA) - „Alles tanzt.“ Was das Theatermuseum für die gemeinsam mit der Musik und Kunst Privatuniversität der Stadt Wien (MUK) realisierte Schau als Titel gewählt hat, passt: In drei Räumen und mehr als zwei Dutzend Stationen wird der „Kosmos Wiener Tanzmoderne“ aufgearbeitet, mit besonderem Fokus auf das Schaffen Rosalia Chladeks. Es sei eine „Ausstellung in Bewegung“, so Direktor Thomas Trabitsch.
Man kann ihm nur recht geben: Unzählige historische Dokumente und Fotografien, filmische Eindrücke aus vergangenen Tagen, aber auch zeitgenössische Arbeiten und Videoinstallationen ermöglichen den Besuchern ein gleichermaßen fundiertes wie lustvolles Eintauchen in rund 100 Jahre Tanz. Beginnend im Wien um 1900, sind es besonders Tänzerinnen und Choreografinnen, die das Geschehen im Modernen Tanz geprägt haben und weiter prägen. Ausgangspunkt war dabei Rosalia Chladek (1905-1995), deren Textnachlass vor vier Jahren an das MUK zur wissenschaftlichen Aufarbeitung ging.
„Sie steht zwar im Zentrum, aber es wurde die Chance genutzt, die Geschichte des Modernen Tanzes aufzurollen“, so Trabitsch. Federführend verantwortlich dafür zeichnet Kuratorin und MUK-Lehrende Andrea Amort, die mit ihrem Team in liebevoller Detailarbeit die verschiedenen Ausprägungen der Szene herausgearbeitet hat. Es finden sich zu Schlagwörtern wie „Neuer Tanz, Neues Frauenbild“ oder „Walzer und Wienerisch“ unterschiedlichste Zugänge, allen voran aber prägende Protagonistinnen wie Isadora Duncan, Gertrud Bodenwieser oder Hilde Holger. Bekannte wie unbekannte Namen gelte es vor den Vorhang zu holen, so Amort.
Während ein dokumentarischer Raum auch Fragen zu den Aufführungsorten, öffentlicher Wahrnehmung sowie politischen und gesellschaftlichen Implikationen stellt, wird durch einen verbindenden, ganz Chladek gewidmeten Gang der Schritt ins Heute gewagt. Relativ offen gestaltet und durch einen grellgelben Raumteiler getrennt, sind es hier allen voran Videoinstallationen und Interviews, die das Zeitgenössische eindrucksvoll vor Augen führen. Doris Uhlich, die sich durch die Schau an „verschmelzende und überlagernde Zeitschichten“ erinnert fühlt, ist ebenso vertreten wie Simon Wachsmuth oder Amanda Pina mit einer Performance über das Grenzgebiet zwischen den USA und Mexiko. Das eigene Körpergefühl kann bei einer „Tanzstation“ zu den akustischen Anleitungen von vier Choreografen erprobt werden.
Breiten Raum erfährt auch die Zäsur durch Austrofaschismus und Zweiter Weltkrieg, die für die Wiener Szene das zwischenzeitliche Ende bedeutete. Viele Künstlerinnen gingen allerdings ins Exil und konnten reüssieren, während sich andere aktiv im Widerstand betätigten. All das wird in bildreichen Stationen, die lose chronologisch geordnet sind, eingefangen. Und doch gebe es noch viel mehr Geschichten und Hintergrundinformationen, „die nicht auf den Beschriftungen Platz finden“, so Amort. Entsprechend umfangreich fiel die Publikation zur Ausstellung aus, die mit Autorinnen aus unterschiedlichsten Disziplinen sowie einem Lexikon zum Künstler-Netzwerk der Wiener Tanzmoderne aufwarten kann.
Aber das ist noch nicht alles. „Es ist uns wichtig, das Lebendige des Tanzes in die Ausstellung zu bringen“, formulierte Amort bei der Presseführung am Mittwoch, und verwies damit nicht zuletzt auf die Performancereihe, die „Alles tanzt“ begleitet. Von 29. bis 31. März heißt es im Eroica-Saal „Rosalia Chladek Reenacted“, wenn sich u.a. Eva-Maria Schaller und Martina Haager an historische Soli der Tänzerin wagen. Und ab April steht das Programm „Bits and Pieces“ mit Lecture-Performances an. Es gibt also genügend Gelegenheiten und Gründe, sich der bis Februar 2020 laufenden Ausstellung zu widmen. Ob der Fülle an Materialien und Reize hätte man „Alles tanzt“ letztlich nur etwas mehr Platz gewünscht.
(S E R V I C E - Ausstellung „Alles tanzt. Kosmos Wiener Tanzmoderne.“ von 21. März 2019 bis 10. Februar 2020 im Theatermuseum, Lobkowitzplatz 2, 1010 Wien. Täglich außer Dienstag von 10-18 Uhr. Publikation zur Ausstellung, herausgegeben von Andrea Amort, Hatje Cantz Verlag, 384 Seiten, 35 Euro; www.theatermuseum.at)
(B I L D A V I S O – Pressebilder zur Ausstellung stehen unter www.theatermuseum.at/presse zum Download bereit.)