Ikone Postsparkasse: Foto Wien mit faszinierender Festivalzentrale

Wien (APA) - Diese Chance sollte man sich nicht entgehen lassen! Das heute Abend eröffnende neue Fotografie-Festival Foto Wien hat Otto Wagn...

Wien (APA) - Diese Chance sollte man sich nicht entgehen lassen! Das heute Abend eröffnende neue Fotografie-Festival Foto Wien hat Otto Wagners Postsparkasse zur Festivalzentrale auserkoren. Damit gibt es eine tolle Möglichkeit, Architektur und Atmosphäre dieses einmaligen Baus in der Phase zwischen Auszug und Umbau zu studieren und sich dabei auch noch mit zeitgenössischer Fotografie auseinanderzusetzen.

„Die BAWAG ist mit Ende Februar hier ausgezogen, 20 Tage später konnten wir mit der Kunst in diese fantastischen Räume einziehen“, freute sich Bettina Leidl, Festival-Chefin und Direktorin des Kunst Haus Wien, bei der heutigen Auftakt-Pressekonferenz über diese Zwischennutzung einer Architekturikone. Tatsächlich wirkt es auf Schritt und Tritt, als hätte soeben der letzte Bankbeamte das Haus verlassen. In Büroräumen sind „Office Shows“ von Künstlerinnen eingerichtet, bei denen Büroschränke als Displays verwendet werden, in Schalterkojen gibt es eine Fotobuch-Ausstellung und überall gibt es schöne, witzige und skurrile Details aus der Vermischung von Jugendstildesign und Büroalltag zu entdecken - als bewege man sich durch ein Filmset von Wes Anderson oder ein Bühnenbild von Anna Viebrock.

„Die Architektur und die Kunst passen hier wunderbar zusammen“, sagte Leidl. Ob es bei einem einmaligen Gastspiel bleiben wird, hänge vom neuen Eigentümer, dem Immobilienentwickler Signa von Immobilien-Tycoon Rene Benko, ab. „Was längerfristig hier geplant ist, dazu kann ich nichts sagen - aber, dass man mit der Kunst anfängt, ist schon mal ganz gut.“ Im Vorjahr hatte Signa-Geschäftsführer Christoph Stadlhuber erklärt, dass beim Umbau für die geplante Büronutzung („kein Hotel und keine Luxuswohnungen!“) eng mit dem Bundesdenkmalamt operiert und die Fassade, der Kassensaal und die Gouverneursebene unangetastet bleiben werde. Die Sicherstellung einer auch künftigen öffentlichen Zugänglichkeit des phänomenalen Kassensaals werde man „versuchen“.

Vom Kassensaal kann sich der Besucher der Foto Wien auf Entdeckungstour in diverse Räume des Hoch- und Tiefparterres begeben. In einem Büroraum hat „eSeL“ Lorenz Seidler eine witzige Foto Tinder Installation eingerichtet, bei der die Besucher mit ihren Einschätzungen zum künstlerischen Wert einzelner Fotografien deren Hängungs-Höhe bestimmen können. Gleich nebenan enttäuscht der französisch-venezolanische Fotograf Mathieu Asselin mit seiner durch das jüngste Gerichtsurteil an sich top-aktuellen, doch nicht nur fotografisch wenig aussagekräftigen Ausstellung „Monsanto: A Photographic Investigation“. Ein Gemeindebau-Fotowettbewerb bekommt hier ebenso Platz wie der Rondo-Fotopreis. „Urbane Zonen / Zones Urbaines“ heißt eine von Walter Seidl kuratierte Schau österreichischer und französischer Fotografen zum Phänomen Stadt, „Curator‘s Choice“ ist eine Ausstellung, in der drei internationale Kuratorinnen drei junge österreichische Positionen präsentieren, unter denen Tatiana Lecomtes Foto-Puzzles herausstechen.

Im Untergrund fasziniert nicht nur die bizarre Röhrenstruktur diverser Versorgungs- und Installationsstränge, sondern locken einige größere Ausstellungen in die labyrinthartig verschachtelten Räume: „A Fork in the Road“ (Die Weggabelung) heißt ein Kooperationsprojekt der Fotografieklasse der Universität für angewandte Kunst Wien mit der Athens School of Fine Arts, in der Fotografie meist als Teil von Installationen verwendet wird und ein Ficus das große Zittern bekommt. Verbindendes Element sei „ein Innehalten, in welcher Richtung man weitergeht und -denkt“, erläuterte Klassen-Leiterin Gabriele Rothemann.

„Bodyfiction“ präsentiert fünf Positionen, die für den European Month of Photography Arendt Award 2019 nominiert sind. Ein großformatiges Labormaus-Foto des Schweizers Matthieu Gafsou und die Serie „Traces“ von Weronika Gesicka, die Heile-Welt-Fotos der 1950er- und 60er-Jahre zu surrealen Szenarien verfremdet, sorgen hier für ein wenig Geisterbahn-Stimmung. In den Nebenräumen lassen sich weitere Entdeckungen machen, etwa eine liebevolle Ausstellung des Volkskundemuseums über den privaten Gebrauch der Fotografie in früheren Zeiten. „Ein tolles Projekt“, versicherte Foto Wien-Kuratorin Verena Kasper-Eisert.

Während die Festival-Zentrale bereits am 6. April schließt, dauert das ganze Festival bis 20. April. Schließlich ist die „Foto Wien“ ja eigentlich keine Neuerfindung, sondern die Fortführung des „Monats der Fotografie“ unter neuem Namen. Das bisher biennale Festival wird von der Stadt Wien mit 270.000 Euro (für zwei Jahre) gefördert. „Das ist zu wenig. Aber wir haben das beste daraus gemacht“, sagte Leidl, die sich eine Abkehr vom zweijährigen Zyklus vorstellen kann: „Ich hoffe, dass es so groß und so erfolgreich ist, dass man die Stadt dafür begeistern kann, es jährlich zu machen.“

Groß ist es jedenfalls. „Über 270 Projekte wurden bei einem Call eingereicht, von einer Jury wurden dann über 130 Projekte ausgewählt. Insgesamt sind über 700 Fotografinnen und Fotografen vertreten - eine bemerkenswerte Zahl“, meinte Leidl, die „dieses Mal bewusst kein Festivalthema“ vorgegeben hat. Dennoch hätten sich „Architektur und Fotografie“ sowie „Film und Fotografie“ als Themenschwerpunkte herauskristallisiert. Besonders stolz ist man in diesem Zusammenhang darauf, dass das Österreichische Filmmuseum drei Filme von Henri Cartier-Bresson aus den 1930er- und 40er-Jahren zeigen wird.

Die Zahl der sich am Programm beteiligenden Institutionen ist ebenso unüberschaubar wie jene der Begleitprogramme, Galerienrundgänge, Studio Visits und Preisverleihungen. Bei einem Symposion geht um Fotografie und Ökologie, tägliche „Bildbesprechungen mit Apero“ sollen den Blick schärfen. „Wir alle verwenden die Fotografie ja ständig, machen mit unseren Smartphones täglich zig Fotos und posten sie“, sagte Bettina Leidl. „Gleichzeitig ist das Wissen um die Fotografie bei einem weiteren Publikum beschränkt. Wir wollen zeigen, wie wichtig es ist, Bilder lesen zu können.“

(S E R V I C E - Foto Wien. Monat der Fotografie. 20.3.-20.4., Eröffnung heute, 20 Uhr, in der Festivalzentrale in der Österreichischen Postsparkasse, Wien 1, Georg-Coch-Platz 2, Öffnungszeiten der Festivalzentrale: 21.3.-6.4., Mi bis So 14-20 Uhr, 23./24.3. 11-20 Uhr, www.fotowien.at)

(B I L D A V I S O – Pressebilder stehen unter www.fotowien.at/de/presse zum Download bereit.)