Brexit - Politologin: Große Probleme für EU-Wahl in Großbritannien

Wien/Brüssel/London (APA) - Die Politologin Melanie Sully sieht schwerwiegende Probleme, sollte der Brexit auf Ende Juni verschoben werden, ...

Wien/Brüssel/London (APA) - Die Politologin Melanie Sully sieht schwerwiegende Probleme, sollte der Brexit auf Ende Juni verschoben werden, wie die britische Premierministerin Theresa May es haben will, und Wahlen zum Europäischen Parlament auch in Großbritannien abgehalten werden bzw. abgehalten werden müssen. „Daraus ergeben sich Fragen zur rechtlichen Gültigkeit der Wahl“, betonte Sully am Mittwoch im APA-Gespräch.

Das von May nun statt dem 29. März angestrebte Austrittsdatum 30. Juni liegt nach der EU-Wahl Ende Mai aber vor der Konstituierung des neuen Europaparlaments Anfang Juli. May wünscht die Verschiebung des Brexit auf Ende Juni, will aber keine Abhaltung der EU-Wahl in Großbritannien. Aus der Sicht Sullys „ist das ein Problem. Denn wenn man ein Mitgliedstaat ist, sollte man (an der Wahl, Anm.) teilnehmen“. Schließlich habe Großbritannien selbst als Noch-Mitglied zum Zeitpunkt des Urnengangs volle Rechte und Pflichten.

Bei einer Wahlteilnahme Großbritanniens würden die von britischen Bürgern gewählten Abgeordneten allerdings für die gesamte, fünfjährige Amtsperiode gewählt. Ihre Angelobung würde paradoxerweise erst nach dem Brexit erfolgen und sie würden ihr Mandat erst fünf Jahre nach dem EU-Austritt ihres Landes beenden. Eine - wenn auch demokratiepolitisch fragwürdige - Möglichkeit wäre laut der Politologin, dass auch die Briten zwar an der EU-Wahl teilnehmen, die Abgeordneten, die sie wählen, aber ihr Mandat nicht annehmen und sich nicht angeloben lassen.

Abgesehen von demokratiepolitischen und rechtlichen Problemen täte sich Großbritannien äußerst schwer, die EU-Wahl gemäß vorgegebener Standards abzuwickeln. So sei die Frist, innerhalb der die Wahlkreise festgelegt werden müssen, längst abgelaufen, ohne dass dies geschehen wäre. Bisher hätten nur die Schottische Nationalpartei (SNP) und die Liberaldemokraten damit begonnen, Kandidaten zu nominieren, sonst keine Parteien - also weder die regierenden Konservativen noch Labour als führende Oppositionspartei. Die Kandidatenlisten müssten aber bis zum 14. April vorliegen.

„Die (britische) Wahlkommission ist total unvorbereitet“, sagte Sully. Sie erwartet daher, dass eine EU-Wahl im Vereinigten Königreich leicht als „unfair“ eingestuft und ihre Legitimität in Zweifel gezogen werden könnte, weil die volle Einhaltung der Wahlstandards nicht gewährleistet wäre.