Der heitere Weltuntergang trägt in jedem Fall Blau
Christiane von Poelnitz spielt in ihrer letzten Rolle im Stück „In Ewigkeit Ameisen“ eine Ameise.
Wien –Christiane von Poelnitz kann sich im Ö1-Klassiktreffpunkt eine Pointe nicht verkneifen: am Burgtheater, das sie nach 15 Jahren aufgrund der Nichtverlängerung ihres Vertrages seitens des designierten Direktors Martin Kušej in Richtung Hamburg verlassen wird, als letzte Rolle eine Ameise gespielt zu haben. Übrigens eine von fünf Ameisen, die gegen Ende der gelungenen Uraufführung von Wolfram Lotz’ „In Ewigkeit Ameisen“ auf der Bühne des Akademietheaters in einer Art Mords-Clubbing zugange sind.
Einer der wenigen schwachen, weil überbebilderten Momente dieser klugen Bühnenadaption zweier Hörspiele des für seine Stücke „Einige Nachrichten an das All“ oder „Die lächerliche Finsternis“ mehrfach ausgezeichneten deutschen Dramatikers. Regisseur Jan Bosse, die Dramaturgin Gabriella Bußacker und das fünfköpfige Ensemble schufen in der Verschränkung der beiden verzweifelt warmherzigen wie abgründigen Endzeit-Texte einen subtilen Abend. Zu Beginn entern der Erzengel Michael (Christiane von Poelnitz) und dessen Kollege Ludwig (Katharina Lorenz) aus der Luft das Dorf Iflingen, um in göttlichem Auftrag den Bewohnern den Garaus zu machen. Mit der finalen Erkenntnis, dass ihnen die braven Leutchen mithilfe von Gift zuvorgekommen sind.
Einzig lebende Gesprächspartner der beiden mit Feuerschwert, Posaune und Auftragsbuch bewehrten geflügelten Beamten sind mit Igel, Mauersegler und Hausschwein (allesamt großartig: Aenne Schwarz) Tiere, die die Parallelität von Wahnwitz und Unabdingbarkeit irdischer Existenz begreiflich machen.
Stéphane Laimés Bühne, die, mit Schaumstoff-Fliesen ausgekleidet, Assoziationen von Tonstudio bis Gummizelle auslöst, bevölkern zudem der Ameisenforscher Schneling-Göbelitz (Peter Knaack), der unbeeindruckt von Erdbeben und Atomkrieg mit seinem Assistenten Müller (Klaus Brömmelmeier) den ortlosen Dschungel auf der Suche nach der blauen Ameise durchkämmt. Dass die Darsteller, sämtlich von Kathrin Plath in, na ja, Ameisen-blau gehüllt, ihre Rollen immer wieder tauschen, ist ebenso gewagtes wie aufgrund der Brillanz des Ensembles geglücktes Programm. (lietz)