Aufsichtsräte tagen - Deutsche-Bank-Chef will Deal mit Commerzbank

Frankfurt (APA/Reuters/dpa) - Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing sieht viele gute Gründe für eine Fusion mit der Commerzbank. Er wolle den ...

Frankfurt (APA/Reuters/dpa) - Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing sieht viele gute Gründe für eine Fusion mit der Commerzbank. Er wolle den seit Mittag tagenden Aufsichtsrat der größten heimischen Privatbank vom Sinn eines solchen Deals mit dem kleineren Konkurrenten überzeugen, erfuhr Reuters am Donnerstag von einer Person im direkten Umfeld des Vorstandschefs vor Sitzungsbeginn.

Eine weitere Person mit Kenntnis von Sewings Überlegungen sagte, die Deutsche Bank hätte keine formelle Verhandlungen mit der Commerzbank begonnen, wenn sie erwarten würde, dass diese scheitern.

Die Aufsichtsratssitzung dürfte für Sewing nicht einfach werden: Wenigstens drei Großaktionäre der Deutschen Bank sind bisher skeptisch. Die Arbeitnehmerseite ist klar gegen einen solchen Zusammenschluss, weil er mit großer Sicherheit mehrere zehntausend Arbeitsplätze in den beiden Frankfurter Zentralen und in ganz Deutschland kosten würde.

Auch die Aufsichtsräte der Commerzbank beraten. Die Gewerkschaft Verdi bekräftigte vor den beiden Treffen am Donnerstag ihre Ablehnung eines Zusammenschlusses. „Wir werden die Kritik bei den Sitzungen der Kontrollgremien von Commerzbank und Deutscher Bank zur Sprache bringen“, sagte Verdi-Bankenexperte Jan Duscheck der dpa. Die Gremiensitzungen stehen schon länger fest, dabei sollen u.a. die Jahresabschlüsse abgesegnet werden.

Bisher hatte sich Deutsche Bank-Chef Sewing öffentlich eher zurückhaltend geäußert, ob es am Ende der kürzlich begonnenen Verhandlungen mit der Commerzbank auch wirklich zu einem Deal kommen werde. Der deutsche Finanzminister Olaf Scholz gilt als Unterstützer eines Zusammenschlusses und soll Sewing zu den Gesprächen gedrängt haben.

Deutschland ist mit gut 15 Prozent an der Commerzbank beteiligt. Derzeit schauen sich beide Banken in die Bücher - ein Problem ist unter anderem der relativ hohe Bestand kritischer Staatsanleihen in der Bilanz der Commerzbank und an Derivaten bei der Deutschen Bank. Bei einer Fusion müssten diese neu bewertet und das entstehende Kapitalloch aufgefüllt werden. Wie das finanziert werden soll, ist bisher unklar.

Wichtige Argumente Sewings für eine Fusion seien unter anderem die sich daraus ergebende „klare Dominanz“ auf dem deutschen Markt, Größenvorteile und sinkende IT-Kosten. Zudem würden die Refinanzierungskosten der neu entstehenden Mega-Bank seiner Ansicht nach deutlich sinken. „Die Refinanzierung wäre so gut wie nie“, sagen Insider.

Zu massiven Stellenstreichungen würde es so oder so kommen, mit oder ohne Fusion der beiden Banken, hieß es zudem aus Sewings Umfeld. Die Arbeitnehmerseite im Aufsichtsrat der Deutschen Bank - Betriebsräte und Gewerkschaften - hat bereits angekündigt, dass sie einen Zusammenschluss ablehnt. Sie befürchtet den Verlust von mehreren zehntausend Arbeitsplätzen. Die Gewerkschaft Verdi, deren Chef Frank Bsirske bei der Deutschen Bank im Aufsichtsrat sitzt, erklärte auf Anfrage, an ihrer ablehnenden Haltung habe sich nichts geändert.

Sewing hatte im vergangenen September erklärt, er wolle erst seine Hausaufgaben erledigen und sich erst nach 12 bis 18 Monaten mit anderen Dingen beschäftigen - zum Beispiel mit einer Fusion mit der Commerzbank. Der 48-Jährige sei inzwischen der Überzeugung, dass er einen Großteil dieser Hausaufgaben erledigt habe und bereit für den nächsten Schritt, sagte der Insider. Mit dem Abschluss eines so komplexen Deals sei ohnehin nicht vor 2020 zu rechnen. Somit stehe der Beginn der Gespräche mit der Commerzbank nicht im Gegensatz zu Sewings früheren Aussagen, sagte der Insider. Die Deutsche Bank wollte die Informationen nicht kommentieren.

Commerzbank-Chef Martin Zielke gilt als offen für eine Fusion. Er betont immer wieder, dass in dem hart umkämpften und kleinteiligen deutschen Bankenmarkt Wachstum die Lösung sei. Auf der Jahrespressekonferenz Mitte Februar hatte Zielke die Fusionsspekulationen angesichts der Negativzinsen und des Preisdrucks, die der Profitabilität von Banken in Deutschland enge Grenzen setzen, als „verständlich“ bezeichnet.

Die Übernahme der Dresdner Bank habe das Geldhaus zwar über Jahre beschäftigt, doch ohne sie stünde die Commerzbank deutlich schlechter da, ist von hochrangigen Commerzbankern immer wieder zu hören. Zudem ist das Verhältnis der Aktienkurse zwischen Deutscher Bank und Commerzbank so gut wie selten. Bei einer Fusion würden die Commerzbank-Aktionäre - gemessen an den aktuellen Börsenwerten - rund ein Drittel an der künftigen Großbank halten. Die Commerzbank lehnte eine Stellungnahme ab.

Sollte das Vorhaben glücken, entstünde die mit Abstand größte deutsche Bank mit rund 38 Millionen Privat- und Firmenkunden, anfänglich rund 140.000 Mitarbeitern, 2.400 Filialen in Deutschland, einem Marktanteil von rund 20 Prozent und einer Bilanzsumme von fast zwei Billionen Euro. Im weltweiten Vergleich wäre das Institut aber immer noch ein Leichtgewicht.

Deutsche Bank und Commerzbank sind die letzten beiden verbliebenen deutschen Großbanken. Die Commerzbank hatte die Dresdner Bank übernommen, die Deutsche Bank integriert gerade die Postbank. Die Münchener HypoVereinsbank (HVB) wurde samt ihrer Österreichtochter Bank Austria vor einigen Jahren von der italienischen Großbank UniCredit geschluckt. Alle diese Übernahmen waren mit großen Arbeitsplatzverlusten verbunden.

~ ISIN DE0005140008 DE000CBK1001 WEB https://www.deutsche-bank.de/index.htm

https://www.commerzbank.de/ ~ APA349 2019-03-21/14:38