Brexit - EU-Politiker hoffen auf Durchbruch im britischen Parlament
Brüssel/London (APA/AFP) - Zum Auftakt des EU-Gipfels in Brüssel haben europäische Spitzenpolitiker Unmut über den Brexit-Stillstand im brit...
Brüssel/London (APA/AFP) - Zum Auftakt des EU-Gipfels in Brüssel haben europäische Spitzenpolitiker Unmut über den Brexit-Stillstand im britischen Unterhaus erkennen lassen. Der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte sagte, das Parlament in London müsse kommende Woche eine „vernünftige Entscheidung“ über den Austrittsvertrag treffen.
Er gehe davon aus, dass der Gipfel am Donnerstag dem britischen Wunsch nach einem Aufschub des Austrittsdatums „im Prinzip“ entsprechen werde. Dann müsse die Angelegenheit aber „klar und deutlich“ dem britischen Parlament zur endgültigen Entscheidung vorgelegt werden. Es sei dann am Unterhaus, „zu der ganzen Angelegenheit Ja zu sagen“, machte Rutte deutlich.
Rutte gab der britischen Premierministerin Theresa May Rückendeckung. „Dass wir an diesem Punkt angekommen sind, ist ihr Problem, aber nicht ihre Schuld“, sagte er. „Es liegt vielmehr daran, dass zu viele Leute bisher parteipolitische Spielchen mit diesem Thema getrieben haben.“
Der luxemburgische Premierminister Xavier Bettel beklagte die anhaltende Ungewissheit angesichts der verfahrenen Lage in London. „Das ist ein bisschen wie ‚Warten auf Godot‘“, sagte er in Anspielung auf ein Theaterstück. „Man wüsste schon ganz gerne, was sie eigentlich wollen.“ Bettel machte deutlich, dass es bald eine Lösung geben müsse: „Wir suchen hier nicht nach der Ausgangstür, wir suchen den Notausgang.“
Der schwedische Ministerpräsident Stefan Löfven sagte in Brüssel, es sei nun „wichtig, dass das Unterhaus dem, was wir ausgehandelt haben, zustimmt“. Litauens Präsidentin Dalia Grybauskaite sagte, der Gipfel werde sich dem Wunsch von Premierministerin May nach Aufschub nicht versperren. „Wir werden die Premierministerin unterstützen, so gut wir es können“, sagte sie. „Wir werden ihr das zugestehen.“
Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zeigte sich beim EU-Gipfel entschlossen, bis zuletzt für einen geordneten Austritt Großbritanniens zu kämpfen. Der Brexit sei „ein Ereignis von historischer Bedeutung“, sagte Merkel am Donnerstag in Brüssel. Die anderen EU-Staaten müssten deshalb „behutsam vorgehen“ und „vor allen Dingen bis zur letzten Stunde alles daran setzen, dass es einen geregelten Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union geben kann“.
Die EU müsse sich auch darauf einstellen, dass es weiter keine Mehrheit im britischen Parlament für das Austrittsabkommen geben werde, sagte Merkel weiter. Es müsse dann „Tag für Tag“ entschieden werden, „was wir noch tun können“. Merkel verwies darauf, dass dann wieder eine Grenze zwischen dem EU-Mitglied Irland und der britischen Provinz Nordirland entstehen würde.
Die Kanzlerin betonte, dass es bei dem Gipfel andere Themen gebe. Sie verwies auf geplante Gespräche zum Verhältnis zu China und über die Industriepolitik der EU. „Eines ist auch klar“, sagte Merkel: „Der britische Austritt ist wichtig, aber die 27 (anderen EU-Staaten) (...) müssen auch an ihre Zukunft denken.“
Die britische Premierministerin Theresa May möchte in Brüssel erreichen, dass die anderen EU-Staats- und Regierungschefs das bisher auf den 29. März festgesetzte Austrittsdatum auf Ende Juni verschieben. Die EU fordert, dass das britische Parlament vor der Entscheidung über die Verschiebung dem vereinbarten Austrittsabkommen zustimmt. Es ist im Unterhaus aber bereits zwei Mal mit großer Mehrheit abgelehnt worden
Gegen eine Verlängerung bis Ende Juni gibt es in Brüssel aber Widerstände, da Ende Mai das neue Europaparlament gewählt wird. Deshalb plädieren viele EU-Vertreter für einen Brexit-Aufschub nur bis zum Wahltermin.