Diagonale 2019 - „Schauspielerin“ - Beklemmendes Frauenporträt
Graz/Wien (APA) - Eine alternde Schauspielerin, deren berufliches Leben mehr und mehr zerbröckelt zeigt Brigitte Karner mit ungeschönter Här...
Graz/Wien (APA) - Eine alternde Schauspielerin, deren berufliches Leben mehr und mehr zerbröckelt zeigt Brigitte Karner mit ungeschönter Härte in „Schauspielerin“. Die Künstlerin schrieb zusammen mit Regisseur Tobias Hermeling das Drehbuch. Die fiktive Geschichte wurde unterlegt mit echten Filmdokumenten der Schauspielerin, wodurch die Arbeit mehr Einblicke zu geben scheint als sie tatsächlich tut.
Das Filmprojekt ging über fünf Jahre, wodurch auch die persönliche Veränderung von Brigitte Karner sichtbar wird. Die anfangs dunkel gefärbten Haare sind am Ende durchgehend grau, die Lust an der Anpassung an das abverlangte Schönheitsideal scheint endgültig gestorben zu sein. Im Gespräch mit einer geistlichen Schwester reflektiert sie ihre Situation, ihr Leben, das ihr in letzter Zeit offenbar sehr viel Kraft abverlangt hat.
Die Zeitebenen gehen ineinander, die Geschichte wird nicht chronologisch erzählt. Die Frau kokettiert mit dem Älterwerden, kann es aber kaum verkraften, wenn sie jemand tatsächlich spüren lässt, dass er sie nicht mehr jung ist. Mit kraftvoller, dunkler Stimme wirkt sie stets unerschütterlich, lässt aber hinter dem professionellen Lächeln immer wieder die Verzweiflung aufblitzen.
Wenn von der Vergangenheit die Rede ist, werden alte Filmaufnahmen von Brigitte Karner gezeigt und ihre attraktives Äußeres dokumentiert. In der Zwischenzeit haben sich nicht nur die Zeiten, sondern vor allem auch die Produktionsbedingungen geändert: „Ich passe da nicht hinein“ beklagt sich die Frau, die wenig Begeisterung für ein e-Casting hat, das sie allein in ihrer Wohnung mit einer Kamera durchführen muss, um dann die Datei der Filmfirma zu schicken. Das alles kommentiert sie ironisch, lacht oft - und hat dann wieder ihre Einbrüche.
Sie möchte arbeiten, aber auf ihre Art und an einem Film, an den sie glaubt. Doch die vermeintlich große Chance zum Comeback entpuppt sich als Fehlschlag, den sie nicht einmal sich selbst eingestehen will. Um an eine Zukunft zu glauben, gibt sie Schauspielunterricht und nimmt kleinere Jobs an, denen sie längst entwachen ist. Die letzte Einstellung zeigt eine Frau am Grab ihres Hundes, stellvertretend für die begrabenen Hoffnungen.
Brigitte Karner spielt so unsentimental und genau, dass gerade diese vermeintliche Schroffheit den Zuschauer berührt. Die schwarz-weißen Bilder lassen die alten Filmausschnitte noch älter wirken und rücken das neue Material auch in ein fast nostalgisches Licht. Kein Film, wie man ihn noch nie gesehen hat, aber in jeder Hinsicht gut gemacht.
(www.diagonale.at)